Es beginnt wohl in Phoenix im US-Bundesstaat Arizona. Laut einem Bericht der Nachrichtenagentur „Bloomberg“ will Waymo dort den ersten kommerziellen fahrerlosen Fahrdienst anbieten – noch in diesem Dezember. Der neue Dienst mit den autonomen Fahrzeugen soll allerdings nicht unter der Marke Waymo laufen, unter der einst die autonomen Fahrsysteme von Google ausgegliedert wurden. Es werde eine komplett neue Marke geben, die in direkte Konkurrenz zu Uber und Lyft treten solle, zitiert „Bloomberg“ eine mit den Vorgängen vertraute Person.

Das Unternehmen wollte den Namen des Dienstes und das Startdatum nicht bestätigen. Das könnte auch an der Art des geplanten Launches liegen: Laut des Insiders sei kein großes Event und keine Kampagne vorgesehen. Der Dienst solle nicht groß ausgerollt werden, sondern zunächst mit einigen Dutzend Fahrzeugen auf einer Fläche von rund 100 Quadratmeilen in den Vororten rund um Phoenix starten. Die ersten Nutzer sollen wohl aus dem „Waymo Early Rider Program“ kommen – eine Testgruppe aus 400 freiwilligen Familien, die Waymo-Dienste (mit menschlichem Fahrer an Bord) bereits seit einem Jahr nutzen.

Der Start eines kommerziellen autonomen Fahrdiensts dürfte auch die große Geheimhaltung rund um die Waymo-Entwicklungen beenden. Die „Early Rider“ unterlagen bislang Verschwiegenheitserklärungen – sie durften sich nicht öffentlich oder in sozialen Medien über die Fahrten äußern. Das soll sich laut dem Agenturbericht ebenfalls ändern, es sollen auch Freunde oder Journalisten mitgenommen werden dürfen. Und es wäre natürlich eine Erfolgsmeldung für Google und den Mutterkonzern Alphabet, wo die Arbeiten an autonomen Fahrzeugen vor über einem Jahrzehnt begonnen haben.

Im Wettkampf mit Uber und Lyft als erster einen solchen Dienst anbieten zu können, ist für Alphabet und Waymo von großer Bedeutung. Das Unternehmen kann so Kunden von der Konkurrenz gewinnen, die auf den innovativen Dienst Wert legen. Und vor allem sammeln sie Erfahrungen, wie sie die Fahrzeugflotte, Wartungsstationen und Hilfsdienste im Live-Betrieb managen können. Die Fahrzeuge sind stark umgebaute Chrysler Pacifica.

Waymo erhält auch Lizenz in Kalifornien

Dem kommerziellen Start in Phoenix könnten bald weitere Städte folgen. Anfang November hat Waymo die Erlaubnis erhalten, auch in Kalifornien ohne Sicherheitsfahrer über öffentliche Straßen fahren zu dürfen. Die Fahrzeuge sollen zunächst rund um die Zentralen von Google und Waymo in Mountain View und Palo Alto unterwegs sein. In diesem Teil des Silicon Valley sind die selbstfahrenden Autos von Waymo bereits seit Jahren mit Fahrer im Einsatz. Insgesamt haben die Wagen bisher über zehn Millionen Meilen (16 Millionen Kilometer) auf öffentlichen Straßen zurückgelegt.

Kalifornien hat deutlich strengere Regeln für Roboterwagen als das benachbarte Arizona und sieht diverse Auflagen für den Betrieb von Wagen ohne Sicherheitsfahrer auf öffentlichen Straßen vor. In dem Bundesstaat haben insgesamt rund 60 Firmen – darunter auch deutsche Autobauer und Zulieferer – die Erlaubnis für Roboterwagen-Tests mit Sicherheitsfahrern. Waymo brauchte sechs Monate, um die Zulassung für Roboterwagen ohne Menschen am Steuer zu bekommen. Der Antrag eines weiteren Anbieters sei als unvollständig zurückgeschickt worden, berichtete die „Financial Times“.

Waymo darf Autos ohne Menschen am Steuer in der Stadt, auf Landstraßen und Autobahnen mit einer Geschwindigkeitsbegrenzung von knapp 105 Kilometern pro Stunde (65 Meilen pro Stunde) einsetzen. Sie dürfen auch bei Nebel und leichtem Regen fahren. Wenn ein Waymo-Roboterwagen nicht wisse, wie er in einer Verkehrssituation vorgehen solle, bleibe er zur Sicherheit stehen, bis eine Lösung gefunden wird, eventuell auch mit Hilfe von per Funk zugeschalteten Spezialisten. Der Einsatzbereich im Silicon Valley soll mit der Zeit ausgeweitet werden.

Waymo entstand aus dem Roboterwagen-Projekt von Google, bei dem bereits seit 2009 selbstfahrende Autos auf die Straße geschickt wurden. Zunächst wurden umgebaute Toyotas eingesetzt, dann zeitweise auch Elektro-Zweisitzer aus eigener Entwicklung. Aktuell nutzt Waymo hunderte umgerüstete Minivans des Modells Chrysler Pacifica, die mit dem neuen stromgetriebenen Jaguar-Modell I-Pace ergänzt werden sollen. Die Firma arbeitet auch an selbstfahrenden Lastwagen. Branchenexperten sehen Waymo besonders weit bei der Entwicklung von Roboterwagen-Technologie – auch wenn die meisten traditionelle Autohersteller eine enge Kooperation mit der Google-Schwesterfirma scheuen.

Entwickler von Roboterwagen versprechen, dass sie den Straßenverkehr viel sicherer machen werden – schließlich gingen über 90 Prozent der Unfälle auf Fehler von Menschen zurück. Wann selbstfahrende Autos jedoch in großem Stil auf die Straße kommen, ist offen. In diesem Jahr gab es den ersten tödlichen Unfall mit einem Roboterauto: Ein Wagen von Uber erfasste bei einer Testfahrt in Arizona in der Dunkelheit eine Fußgängerin, die die mehrspurige Straße überquerte und dabei ein Fahrrad schob. Ein ausführlicher Untersuchungsbericht zu diesem Unfall steht noch aus.

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