Volkswagen will eine „Batterie nach Maß“ fertigen. Gewicht und maximale Leistungsdichte auf jede Anwendung individuell detailliert abzustimmen ist bisher ziemlich aufwendig. Viel einfacher soll es werden, wenn dafür ein Quantencomputer eingesetzt wird. Ein Quanten-Algorithmus könnte die chemische Zusammensetzung einer Batterie nach völlig unterschiedlichen Konfigurationen simulieren und daraus direkt den Bauplan für die Fertigung ableiten. Das würde die bisher zeit- und ressourcenaufwendige Batterieentwicklung deutlich beschleunigen. „Hier leisten wir echte Pionierarbeit“, sagt Florian Neukart, Principal Scientist im CODE Lab von Volkswagen in San Francisco.

Noch stehen die Forscher ganz am Anfang der Entwicklung. Aber es ist ihnen bereits gelungen, mit neu entwickelten Algorithmen die Grundlage zu schaffen, um die chemische Struktur leistungsstarker E-Fahrzeug-Batterien auf einem Quantencomputer zu simulieren und zu optimieren. Moleküle wie Lithium-Wasserstoff und Kohlenstoffketten konnten bereits abgebildet werden. Der nächste Schritt sind komplexere chemische Verbindungen. Neukart ist überzeugt: „Kommerziell verfügbare Quantencomputer eröffnen bislang ungeahnte Möglichkeiten. Wir wollen das dafür notwendige Spezialwissen schon heute erwerben.“

Deutlich höhere Rechenleistung als normale Computer

Die Entwickler des Autokonzerns nutzen dafür einen Quantencomputer von Google. Bei dem IT-Konzern läuft die Entwicklung für diese vielversprechende Technologie auf Hochtouren. Denn mit ihr dringt die Welt der Computer in neue Dimensionen vor. Wo bisherige Rechner an ihre Grenzen stoßen, können Quantencomputer ungleich anspruchsvollere Rechenoperationen durchführen und damit hochkomplexe Aufgaben lösen.

Quantencomputer verbinden die Quantenphysik mit dem Computer. Das ermöglicht wesentliche höhere Speicherraten auf einem kleinen Raum sowie schnellere und komplexere Rechenprozesse. Ein normales Computerbit ist entweder 1 oder 0, also „an“ oder „aus“. Acht Bit bilden ein Byte, eine Milliarde Byte bilden ein Gigabyte. Ein Quantencomputer arbeitet dagegen mit Quantenbits (Qubits).

Sie können beliebig viele Zwischenzustände und viele Zahlen gleichzeitig verarbeiten, während ein klassischer Rechner alle Rechenschritte nacheinander ausführt. Mit 300 Qubits erhält man 2 hoch 300 Kombinationsmöglichkeiten – viel mehr Zahlen, als ein klassischer Computer jemals verarbeiten könnte.

IT-Unternehmen liefern sich Rennen um die Quanten-Technologie

Volkswagen ist der erste Autokonzern der Welt, der diese Technologie intensiv für seine Forschung nutzt. Die Entwicklungen von Batterien sind dabei allerdings nur ein Baustein. Die Konzern-IT erwartet ein breites Feld an Einsatzmöglichkeiten, etwa in den Bereichen autonomes Fahren, Robotic Enterprise (KI-gestützte Prozesssteuerung), vernetzte Fertigung, maschinelles Lernen und intelligente Mobilitätslösungen. „Quantencomputer-Technologie kann uns enorme Fortschritte in allen wichtigen IT-Zukunftsthemen bringen“, sagt Martin Hofmann, CIO des Volkswagen-Konzerns. „Dafür schaffen wir die Voraussetzung und lernen, die Stärken eines Quantencomputers sinnvoll zu nutzen.“

Die Kooperation mit dem Quantencomputing-Spezialisten D-Wave ist für ihn ein Meilenstein auf dem Weg in die digitale Zukunft. Erstes Forschungsprojekt ist die Verkehrsflussoptimierung in der chinesischen Mega-Metropole Beijing. Data Scientists und KI-Spezialisten von Volkswagen haben dafür einen Algorithmus programmiert, der die Fahrzeit aller öffentlichen Taxis der Stadt optimiert.

Lange Zeit waren Quantencomputer nur etwas für spleenige Wissenschaftler. Als viel zu komplex galten die Qubits, die Bits ablösen sollen. Mittlerweile hat sich das Blatt gewendet. Google, Intel, IBM und D-Wave liefern sich ein Rennen bei der Entwicklung zum ersten Superrechner. Und sie erzielen immer bessere Ergebnisse. Google präsentierte vor kurzem einen Quantenprozessor mit 72 Qubits. Der IBM-Konzern testet im Moment einen neuen Chip mit 50 supraleitenden Qubits. Das ist mehr, als die meisten Forscher bisher schafften.

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