Er ist einer der Väter des Personal Computers, des persönlichen Rechners, den sich fast jeder leisten kann. Steve Wozniak (68) traf Ende der Siebzigerjahre auf Steve Jobs. Gemeinsam gründeten sie Apple und demokratisierten den Computer, weil die neuen Rechner mit billigen Bauteilen auskamen und zugleich trotzdem leicht zu bedienen waren.

Mitte der Achtzigerjahre schied The Woz, wie Wozniak sich selber nennt, weitgehend bei Apple aus. Seitdem engagiert er sich als Unternehmer, für Bildungsfragen und gründete die Electronic Frontier Foundation mit. Die Nichtregierungsorganisation versteht sich als Vorkämpfer für die Bürgerrechte im Internetzeitalter. Wir sprachen mit Wozniak am Rande des von Audi organisierten MQ! Innovation Summit in Ingolstadt, bei dem es um die Zukunft des Verkehrs ging.

Mr. Wozniak, werden wir in der Mobilität ähnliche dramatische Umbrüche erleben, wie sie erst der Computer und später das Smartphone in der IT-Branche ausgelöst haben?
Oh, ja. Einige wirklich futuristische Ziele scheinen erreichbar. Elektroautos sind kaum noch aufzuhalten. Sie sind ökonomisch sinnvoll und haben viele Vorteile, weil sie leise sind und keine Schadstoffe ausstoßen. Mittlerweile sind die Fahrzeuge bei den Kunden sehr populär. Tesla – und niemand anderes – hat zudem das Ladeproblem gelöst.

In der Mobilität sind die Fortschritte derzeit größer als etwa bei Smartphones. Die letzten Generationen von Mobiltelefonen haben mein Leben nicht mehr so verändert, wie es das erste iPhone noch getan hat. Es kamen ein paar nette Eigenschaften hinzu, beispielsweise das Entsperren des Geräts per Fingerabdruck. Aber im Grunde leisten sie noch immer dasselbe wie ihre Vorgänger: Sie verbinden mich mit meinen Freunden, informieren mich über Neuigkeiten und erinnern mich an Termine.

Sie sind in Sachen Künstlicher Intelligenz eher skeptisch, die ja etwa für das autonome Fahren sehr wichtig ist. Warum?
Ich glaube nicht, dass wir jemals eine echte Künstliche Intelligenz schaffen werden. Das Mooresche Gesetz verliert seine Gültigkeit bevor wir die Singularität erreicht haben – also einen Rechner bauen können, dessen Leistung dem menschlichen Gehirn ebenbürtig ist. Und die Singularität bedeutet noch nicht Bewusstsein. Nicht Intelligenz. Sie heißt nur, dass wir so viele Daten wie das menschliche Hirn verarbeiten können – ohne zu wissen, wie es funktioniert.

Einfachere Formen von Künstlicher Intelligenz werden uns Menschen aber erlauben, mehr zu erreichen als wir es je zuvor konnten. So wie ein Hammer und jedes andere Werkzeug uns in der Vergangenheit mächtiger gemacht haben. Aber das eine KI einmal Intuition entwickelt oder das sie versteht, was Kunst für uns Menschen bedeutet – da bin ich skeptisch.

Aber ohne eine echte Künstliche Intelligenz wird sich ein Auto kaum im komplexen Stadtverkehr selbstständig zurecht finden können.
Natürlich kann ich mich irren, aber ich glaube nicht, dass Fahrzeuge jemals auf gewöhnlichen Straßen Level 5 erreichen werden. Auf speziellen, abgetrennten Fahrspuren und in abgeschlossenem Systemen wie dem Hyperloop vielleicht. Level 4 ist meiner Ansicht nach realistisch. Bis dahin werden wir hunderte kleine Schritte machen müssen. Die Autos werden immer besser werden, Muster zu erkennen und uns durch Assistenzfunktionen unterstützen. So werden wir die Zahl der Unfälle nach und nach weiter reduzieren können.

Aber einen richtigen Autopiloten kann bisher kein Autohersteller vorweisen, auch wenn Tesla seine Assistenzsysteme so nennt. Es ist allenfalls eine Beta-Version. Die Fahrzeuge erkennen ja heute noch nicht einmal rote Ampeln zuverlässig. Und ich würde dringend raten, dass jede Assistenzfunktion durch einen eigenen kleinen Prozessor gesteuert wird, der dem Fahrer eine Warnung schicken kann. Ein einzelner, großer zentralisierter Rechner ist aus meiner Sicht zu anfällig.

Einfachere Formen Künstlicher Intelligenz werden die Arbeitswelt massiv verändern und eine Menge Jobs überflüssig machen. Brauchen wir deshalb irgendwann ein bedingungsloses Grundeinkommen, um die sozialen Folgen abzufedern?
Ich bin dafür, ich halte es für eine gute Idee. Die Wirtschaft ist in der westlichen Welt so produktiv, dass wir jedem Bürger ein angemessenes Einkommen garantieren können. Damit sich die Menschen nicht ständig Sorgen um ihr Auskommen machen müssen – vor allem im Alter. Es würde auch den einen oder anderen abhalten, kriminell zu werden. Für genauso wichtig halte ich übrigens den Zugang zu Bildung unabhängig von der sozioökonomischen Herkunft.
Die Frage ist natürlich, was ein angemessenes Einkommen ist, was wir uns leisten können. Aber so eine Absicherung würde die Welt besser, menschlicher machen. Es würde die Menschheit zu einer Familie machen, in der sich alle gegenseitig unterstützen.

Wie optimistisch sind Sie, dass so ein Grundeinkommen auch tatsächlich eingeführt wird?
Sicherlich auf keinen Fall in den USA. Auch wenn ich mir das wünschen würde. Es gibt leider in den Vereinigten Staaten eine negative Tendenz, die Menschen nicht wertzuschätzen, sondern zu kontrollieren. Was mir gar nicht gefällt. Ich finde es sehr gut, dass Europa viel mehr tut, um etwa die Privatsphäre zu schützen. Und sich nicht alles um die Konzerne dreht, die das Geld haben, Gesetze zu beeinflussen.

Welche der großen Internet-Konzerne wird denn in den kommenden Jahren die Nase vorn haben?
Wenn Sie die großen westlichen Unternehmen betrachten, wird es Amazon sein. Der Konzern ist in allen Lebensbereichen aktiv und kann Apple demnächst bei der Börsenbewertung überholen. Mir gefällt, was sie im Bereich persönliche Assistenten und im Online-Handel leisten. Und nicht zu vergessen, die Cloud-Dienste, die sie anbieten.

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