Früher war es simpel: Passend zur jeder Jahreszeit hing viermal im Jahr neue Mode in den Bekleidungsgeschäften, innerhalb dieser Phasen veränderte sich nicht viel an den Kleiderständern der Läden. Heute ist das anders. Bis zu 24 Zyklen durchlaufen Geschäfte im Jahr, „Fast Fashion“ ist das Stichwort. Und die Verbraucher greifen zu.

„Deutsche Verbraucher kaufen im Schnitt 60 Kleidungsstücke pro Jahr – und tragen diese nur noch halb so lang wie vor 15 Jahren“, schreibt Greenpeace. „Die Bekleidungsproduktion verdoppelte sich von 2000 bis 2014. Vor fünf Jahren wurden mehr als 100 Milliarden Kleidungsstücke neu produziert.“ Die Folge: Eine Altkleiderschwemme. Mit dieser Misere wollte sich die Wissenschaftlerin Veena Sahajwalla, die an der Universität von New South Wales in Australien lehrt, nicht abfinden.

Ihre Idee klingt erstmal abwegig. Anstatt alte Pullover und Hosen in den Müll zu schmeißen, sollen sie lieber als Fliesen an der Wand hängen oder den Boden bedecken. Dafür sammelte ihr Team zunächst Kleidung aus Altkleidercontainern ein. Nachdem sämtliche Knöpfe und Reißverschlüsse entfernt waren, kam die Mischung aus Baumwolle, Polyester, Nylon und Viskose in den Schredder. Das Fleece klebten die Wissenschaftler per Chemikalie zusammen und backten es danach unter Hitze zu Fliesen.

Die Paneele sind nicht nur aus recyceltem Material hergestellt, sie sehen auch so aus. Die enthaltenen Stoffe bestimmen Farbe und Textur. Dunkle Pullover eigenen sich also wohl eher zur Bodenfliese, die hellen T-Shirts und Hemden bieten sich als Wandfliesen an.

Auch Glasabfälle eignen sich für Fliesen

Kleidung brennt gut, bei Fliesen im Haushalt wären diese Eigenschaft aber ein enormes Problem beim Thema Brandschutz. Ähnliches gilt für Wasser: Da Fliesen häufig in Bad und Küche zum Einsatz kommen, müssen sie Feuchtigkeit gut aushalten können. Deshalb testete das Team: Sind die Ökofliesen wasserabweisend und nicht entflammbar? Sie bestanden die Prüfungen mit Bravour. Die Ergebnisse finden sich im Journal for Cleaner Production.

Damit sie die Experimentierphase bald hinter sich lassen können, bauen Sahajwalla und ihr Team im Keller der Universität gerade eine Mini-Fabrik auf. Dort wollen sie sehen, ob sich die Recycling-Schindeln bald auch in größerer Stückzahl produzieren lassen. In der Fabrik landen dann nicht nur alte Kleidungsstücke, sondern auch Glasreste. Allein die australischen Glasabfälle belaufen sich auf mehr als eine Million Tonnen pro Jahr. In ihrer Mikro-Fabrik wird deshalb bald auch gemischtes Altglas zu neuen Fliesen.

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