Der schwedische Winter ist besonders lang und kalt. Aber Marie Granmar und Charles Sacilotto können die eisigen Temperaturen wenig anhaben. Wenn sie sich einen Pullover überziehen, können sie auch im Winter auf der Terrasse entspannen. „Ende Januar beispielsweise kann es draußen Minus zwei Grad haben“, erklärt Sacilotto, „aber hier oben kann es 15 bis 20 Grad warm sein.“

Bewusst vermeidet er das Wort „draußen“. Zwar befindet sich die Terrasse außerhalb ihres Holzhauses. Das wiederum ist jedoch von Glaswänden umschlossen – und steht innerhalb eines etwa doppelt so großen Gewächshauses.

Das zweistöckige Gebäude wurde einst als Ferienhaus für die warmen Monate errichtet – an einem abgelegenen Ort auf dem Land, umgeben nur von anderen Sommerresidenzen. Am Rande des sogenannten Stockholmer Schärengartens. „Es war kein Ort, an dem es sich gut im Winter leben ließ, zumindest nicht ohne eine sehr gute Heizung“, sagt Granmar.

Und so ließen die beiden das Ferienhaus zu einem ökologischen Wohnhaus umwandeln: Das Dach rissen sie ab, um Platz für die Terrasse zu schaffen. Im Jahr 2012 stellten sie das Glashaus in seiner heutigen Form fertig, mit genug Abstand für einen kleinen Garten, in dem sie auch im Winter allerlei Gemüse anbauen können: Tomaten und Gurken beispielsweise, die es im kalten Norden sonst nicht aushalten würden. Auch der sieben Jahre alte Sohn der beiden gärtnert gerne mit.

Konzept für Öko-Haus

Die Idee geht auf den schwedischen Architekten Bengt Warne zurück. In den 1970ern Jahren entwickelte er das Konzept eines ökologischen „Naturhauses“, umgeben von Glas, damit selbst wenige Sonnenstrahlen im Winter ein Gebäude wärmen können.

Der mittlerweile verstorbene Vordenker baute 1981 ein eigenes Haus in Stockholm, um die Idee zu demonstrieren – und weiterzuentwickeln. Er dachte ganzheitlich: Regenwasser sollte gesammelt werden zum Bewässern der Pflanzen, zum Waschen und um eine hausinterne Kläranlage zu versorgen. Das Ideal: Autarkie.

Bengt Warne selbst entwarf das Haus von Granmar und Sacilotto. Die 50-Jährige arbeitet als Wissenschaftsjournalistin und ihr ein Jahr älterer Mann als Lehrer für Mathematik und Physik. Vor allem er hat jedoch genügend Handwerksgeschick mitgebracht, um den Traum des Öko-Architekten in die Tat umzusetzen.

Sacilotto selbst hatte ein ausgefeiltes System entwickelt, um das Abwasser des Hauses zu sammeln, zu reinigen, und die Bioreste im Garten als Dünger einzusetzen. Lange war ihnen die selbst gewählte Unabhängigkeit jedoch nicht vergönnt: „Wir haben die Kläranlage verkaufen müssen, weil wir gemeinsam mit den anderen Häusern der Gegend dazu gezwungen wurden, uns dem öffentlichen Abwassersystem anzuschließen“, erzähl Granmar.

Teurer Bau, günstige Heizung

Komfort und ein reines Umweltgewissen haben jedoch auch ihren Preis: 80.000 Euro hat allein das Gewächshaus gekostet, zusätzlich zu den 150.000 Euro für Kauf und den Umbau des ursprünglichen Holzhauses. Die Installationskosten sind da noch nicht einmal mit einbezogen. Eine Kalkulation, ob sich die Investition aufgrund der gesparten Heizkosten jemals rechnen wird, hat die Familie nie aufgestellt. „Die Stromkostenabrechnung ist niedrig“, sagt Granmar. „Obwohl wir im Winter zur Unterstützung elektrisch heizen müssen.“

Im Sommer kommen sie jedoch auch ohne elektrische Klimaanlage aus, um das Haus einigermaßen kühl zu halten. „Auf der Terrasse kann es aber schon einmal 40 Grad heiß werden“, räumt Granmar ein. „Dann öffnen wir die Glasdecke für die Zirkulation der Luft“. Das funktioniere gut. Hilft auch das nichts, bleibt ihnen jedoch manchmal nichts anderes übrig, als die heiße Dachterrasse zu meiden.

Eine Frage bekommen sie immer wieder gestellt: Fensterputzen allein sei bereits nervig. Wie sie die Reinigung handhaben würden? Schließlich sind sie ja umgeben von Glasscheiben. Kein Ding, erwidert Granmar darauf. Nur einmal im Jahr würden sie den Dampfstrahler auspacken müssen. Bereits nach einer Tagesaktion sei das ungewöhnliche Ökohaus wieder blitzeblank.

Einen Rundgang gibt es hier:

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