Manila ist nicht nur die Hauptstadt der Philippinen. Sie ist auch die am dichtesten besiedelte Stadt der Welt. Laut „World Population Review“ leben hier durchschnittlich fast 43.000 Menschen auf einem Kilometer. Manila selbst hat zwar nur rund 1,78 Millionen Einwohner, die gesamte Metropolregion hingegen, die neben Manila noch 15 weitere Städte umfasst, zählt zwölf Millionen.

Die Infrastruktur der Metropolregion ist dementsprechend chronisch überlastet, gerade die für Verkehr. Mehr als 2,5 Millionen motorisierte Fahrzeuge waren 2015 registriert. Durch die Konzentration von Arbeitsplätzen in der Hauptstadtregion und den resultierenden Pendelverkehr steigt die Verkehrsbelastung zusätzlich: „Tagsüber liegt die Bevölkerungszahl über 14 Millionen“, sagte ein Funktionär der Bauverwaltung dem Manila Standard.

Die neue Stadt „New Clark City“ soll zahlreiche Folgen davon angehen: Manilas mangelhaft ausgebaute Straßen werden der schieren Masse an Fahrzeugen nicht gerecht. Während das Verkehrsaufkommen stieg, stagnierte der Straßenbau. Die Regierung von Präsident Rodrigo Duterte hat zwar ein großes und teures Infrastruktur-Programm aufgelegt, doch die bremsenden Baustellen verschlimmern die Verkehrslage noch zusätzlich. Außerdem ist für neuangelegte Straßen schlicht kein Platz vorhanden.

In der Folge kämpft Manila mit massiven Problemen in Sachen Smog und Lebensqualität. Laut verschiedener Umfragen hat Manila den schlimmsten Verkehr der Welt, Fahrer und Fahrerinnen auf den Philippinen sind die unglücklichsten weltweit. Anwohner von vielbefahrenen Straßen, also quasi allen, sind ebenfalls genervt. Zusätzlich ist die Luftqualität gefährlich schlecht – tödlich sogar. Laut eines Berichts der Weltgesundheitsorganisation (WHO) sterben pro 100.000 Menschen jährlich rund 45 an den Folgen von Verschmutzungen der Atemluft im Freien. Auf die Gesamtbevölkerung von rund 106 Millionen umgelegt können fast 48.000 Todesfälle mit dem Einatmen von verschmutzter Luft in Verbindung gebracht werden. Das Ministerium für Umwelt und Natürliche Ressourcen schreibt ein Viertel aller Todesfälle in den Philippinen der Luftverschmutzung zu.

Eine neue Stadt für eine bessere Luft

Die Werte für Feinstaubpartikel in der Luft Manilas liegen 70 Prozent über den Grenzwerten, die die WHO festlegt. 69 Prozent der Partikel stammen vom motorisierten Verkehr. Und 90 Prozent davon wiederum werden in der Metropolregion Manila emittiert. Regierung und öffentliche Verwaltung haben die Verbesserung der Luftqualität dementsprechend zur Priorität gemacht. Dafür gehen sie radikale Wege – und bauen eine komplett neue Stadt.

Präsident Duterte, der auch sonst nicht unbedingt für seine zurückhaltende Art bekannt ist, hat New Clark City zu einem Prestigeprojekt gemacht, nachdem die Regierung seines Vorgängers die Pläne 2016 verabschiedet hatte. Die Planstadt entsteht auf der ehemaligen US-Luftwaffenbasis Clark, rund 100 Kilometer nördlich von Manila, soll größer als Manhattan werden und 2023 fertiggestellt sein. Die Partnerstadt von Manila soll grün, smart und nachhaltig sein. Ganz im Gegenteil zur großen Schwester.

Zwei Drittel der Gesamtfläche von New Clark City sollen für Grünanlagen und Landwirtschaft zur Verfügung gestellt werden. Das verbleibende Drittel dominieren den Plänen zufolge Wohn- und Bürogebäude, die mit intelligenten Energiemanagement-Systemen ausgestattet sein sollen, die Energie selbst kommt aus erneuerbaren Quellen. Bei Fertigstellung sollen rund zwei Millionen Menschen in der Stadt leben. Maßgebliche Regierungs- und Verwaltungsbehörden werden von Manila nach New Clark umziehen. Bis 2023 sollen dafür acht Bürotürme und 8.000 Wohneinheiten fertiggestellt sein.

Die „Bases Conversion and Development Authority“ (BCDA), die für die Weiternutzung ehemaliger Militärbasen und damit auch den Bau von New Clark verantwortlich ist, wird noch dieses Jahr ihre Zentrale verlegen. „Unsere Vision ist, eine neue, blühende Stadt außerhalb der Metropolregion Manila zu bauen, die gut geplant und zukunftssicher ist“, sagte Vince Dizon, der BCDA-Präsident, der Nachrichtenagentur Bloomberg. „Wir werden Schritt für Schritt Regierungsbüros nach Clark verlegen, um die Entwicklung der Stadt anzukurbeln.“

New Clark City nicht die einzige grüne Stadt

Ungefähr eine Milliarde US-Dollar investieren die Regierung und private Geldgeber in den Bau der Stadt für die ersten fünf Jahre. Dementsprechend ist New Clark als neues administratives Zentrum der Philippinen gedacht: Etwa eine Million Menschen in der Region arbeiten für Regierung und öffentliche Verwaltung. Die allermeisten ihrer Jobs werden in den nächsten Jahren in die neue Stadt verlagert. Die Verkehrsbehörde ist bereits umgezogen.

Vermutlich auch, um zwei wichtige Teile des Projekts besser überwachen zu können: Erstens soll der Flughafen von Clark bis 2020 ausgebaut werden, um die Kapazitäten zu verdoppeln. Zwölf Millionen Passagiere jährlich und 480 Flüge pro Woche sind geplant. Zweitens sollen die beiden Städte per Zug verbunden werden. Besonders wichtig, um zu verhindern, dass die Autos und mit ihnen die Luftverschmutzung einfach ebenfalls nach New Clark umzieht.

Grüne Städte sind derzeit angesagt. Eine NGO in den USA will dem Klimawandel mit einer Komplett-Begrünung von Städten begegnen. Der italienische Archetikt Stefano Boeri hat schon grüne Hochhäuser gebaut und arbeitet derzeit in China an einer Wald-Stadt:

In Öko-Romantik verfallen die Beteiligten in New Clark City aber nicht: Der motorisierte Verkehr wird auch in der angeblich grünen Stadt das wichtigste Transportmittel bleiben. Mehr als 200 Millionen US-Dollar sollen in den nächsten zwei Jahren für Straßen und Brücken investiert werden, schreibt Bloomberg. Doch auch diesbezüglich denken die Verantwortlichen des Baus zukunftsgewandt: Selbstfahrende Autos mit Elektro-Antrieb sollen bald die Verkehrswege nutzen. Dass die Technologien dafür noch nicht entwickelt sind, scheint die Bauherren nicht zu stören. Bis New Clark City in 30 Jahren fertiggestellt sein soll, ist ja noch ein wenig Zeit.

Doch das ist nicht das einzige Problem. So stellt auch die große Rolle von Privat-Public-Partnerships im Bauprozess eine Hürde für das Projekt dar. Neben der grundsätzlichen Kritik an Kosten und Nutzen solcher Vereinbarungen, entsteht im speziellen Fall von New Clark das Dilemma zwischen nachhaltiger, umweltfreundlicher Planung und dem kurzfristigen Profitstreben der Bauunternehmen. Weiterhin bleibt fraglich, ob sich die Einwohner Manilas davon überzeugen lassen, in die neue Stadt zu ziehen.

Sollte das mit insgesamt 14 Milliarden US-Dollar veranschlagte Projekt scheitern, würde es sich in eine lange Reihe anderer Planstädte, viele von ihnen in China, einreihen. Wird New Clark City hingegen ein Erfolg, würde sie zum Vorzeigeprojekt von smartem, nachhaltigen Stadtdesign und Manila nicht zuletzt in Sachen Luftverschmutzung und Überbevölkerung deutlich entlasten. Was wiederum Platz für Veränderung in der Hauptstadt schaffen würde. Denn aktuell steht dort mit den Bewohnern auch der Fortschritt im Stau.

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