Sojabohnen, Algen, Stroh, Halme von Tomatenpflanzen – wenn man raten müsste, was diese Dinge gemeinsam haben, wäre „Baumaterialien für ein Haus“ wohl nur bei den Wenigsten die erste Antwort. Frederik Agdrup und Nicholas Bjørndal gehören zu dieser kleinen Gruppe. Die beiden dänischen Architekten haben mit ihrer Firma Een Til Een („Eins zu eins“) nämlich genau diese Materialien benutzt, um ein biologisches Haus zu konzipieren und zu bauen.

Das Haus steht in Middelfart in Dänemark im „Biotope Ökopark“. Der Park ist ein Ausstellungsort, wo sich Interessierte verschiedene Bauprojekte anschauen können, bei denen nachhaltige Materialien und Technologien eingesetzt werden. Für das Haus haben die beiden Architekten Prozesse entwickelt, mit denen sie landwirtschaftliche Abfälle behandeln und in stabile Baumaterialien umwandeln können.

Ressourcen sparen und CO2-Emissionen vermeiden

Für die Wände beispielsweise pressen sie Stroh zu weichen Holzplatten zusammen. Diese werden dann mit einem Biobrennstoff erhitzt. Dadurch durchlaufen die Zellen in der Holzoberfläche eine Art Polymerisation. Die Platten sind nun ähnlich stabil wie Furniersperrholz und können für den Häuserbau benutzt werden. Das Dach besteht aus einem pflanzenbasierten Gummimaterial. Algen dienen als Dämmmaterial zwischen den Holzplatten.

Für Strukturelemente wie etwa Balken und Rohre nimmt Een Til Een Material aus Hanffasern und Sojabohnen. Und betreten Besucher das Haus, laufen sie auf einem Fußboden aus Maisstärke.

Damit kommt Een Til Een seinem Ziel eines komplett nachhaltigen und umweltfreundlichen Häuserbaus ziemlich nah. Durch das Upcycling rettet es ansonsten wertlose Ressourcen. Und noch besser: Die landwirtschaftlichen Abfälle werden normalerweise verbrannt und sorgen so für CO2-Emissionen. Die spart man sich, wenn man sie stattdessen zum Hausbau verwendet.

Einfach auf- und wieder abbauen

Neben den ungewöhnlichen Baumaterial hat das Bio-Haus noch eine zweite Überraschung parat: Es ist komplett modular. Alle Teile lassen sich einfach zusammensetzen und wieder auseinandernehmen. Außerdem steht das Gebäude anstelle eines Fundaments auf Schraubpfählen, die es im Boden verankern. Das hat einen großen Vorteil: Sollte der Besitzer umziehen wollen, kann er das komplette Haus ganz einfach abbauen, ohne dass langfristige Schäden im Boden bleiben.

Das Projekt ist eine Zusammenarbeit von über 40 verschiedenen Unternehmen. Das dänische Umweltministerium finanziert es mit dem Umweltfonds für ökologisches Bauwesen.

Solarpanels und Salzwasser-Batterie

„Es hört sich erst einmal wie Science Fiction an, dass man ein Haus aus Stroh und Algen bauen kann und es genauso stabil und wirtschaftlich ist wie ein normales Haus“, sagt die dänische Umweltministerin Kirsten Brosbøl über das Projekt. „Aber das biologische Haus zeigt, dass es schon hier und heute möglich ist.“

Natürlich ist auch die im 145 Quadratmeter großen Haus benutzte Energie grün: Solarpanels produzieren den Strom und eine Salzwasserbatterie speichert ihn ab. Diese ist nicht entflammbar – ein wichtiger Faktor bei einem komplett aus Holz gebauten Haus. Per App kann man das eingebaute Smart Home System steuern und überwachen und so noch zusätzlich Energie sparen.

Im Moment ist das Haus allerdings noch ein Prototyp. Für Besucher des Biotope Ökoparks stehen die Türen offen. Wann man selbst in einem Biohaus von Een Til Een wohnen kann, ist aber noch nicht abzusehen.

Artikel teilen

Kommentar absenden

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert