Sie sollten vorbereitet sein. Falls Sie demnächst beim BMW-Händler Ihres Vertrauens vorbeischauen, wird er Ihnen nach dem Kaffee mit einem verschwörerischen Lächeln die neue 5er Limousine mit Plug-in-Hybridantrieb für eine Spritztour anbieten. „Ich hab hier was ganz Besonderes für Sie, den müssen Sie unbedingt probieren.“

Keine Angst, lassen Sie sich mal ruhig den Zündschlüssel geben, vom Vormarsch der Elektromobilität haben Sie bestimmt schon gehört. Kostet ja auch erstmal nix. Und inzwischen erzählen wir Ihnen schnell die wichtigsten Fakten zum Auto und natürlich unsere Testerlebnisse.

Rein äußerlich, sagen Sie, wäre hier nichts Besonderes zu sehen. Richtig, während die Elektro-Modelle einiger anderer Autohersteller ziemlich spacig oder zumindest irgendwie auffällig daherkommen, hält es BMW beim 5er mit den E-Merkmalen so dezent, dass man daraus ein Suchspiel machen könnte. Einige blaue Zwischennierenstäbe im Grill, kleine blaue Kullerchen auf den Radnaben, die Ladedose fürs Stromkabel und dazu ein paar zarte Schriftzüge. Wem selbst das zu viel ist, weil womöglich die Freunde vom BMW-Benzinerstammtisch über den Überläufer lästern, kann diese Elektrohinweise bei der Bestellung des Autos kostenlos abwählen.

Auch im Cockpit keine Elektrodramatik. Statt des Drehzahlmessers findet sich hier eine Uhr für die Leistung des Hybridantriebs und unten rechts eine kleine, aber ganz wichtige Kombinationsanzeige: Die meldet den Ladezustand der Batterie, gleich daneben gibt ein schnell zu übersehendes Zifferchen die aktuelle elektrische Reichweite in Kilometern an.

Leder, Holz und Gestensteuerung

Die Anzugsordnung ist typisch 5er BMW. Im Testwagen ein bisschen konservativ, ganz wie die dienstwagenbewegte Kundschaft. Feines dunkles Nappaleder («Mokka«), kombiniert mit dunklen Echtholzeinlagen und matten Chromakzentleisten. Dazu gibt es ein digitales Cockpit und den oben thronenden 10,25-Zoll-Touchscreen. Infotainment und Bedienung orientieren sich dabei schön am Smartphone, die personalisierte Vernetzung erreicht neue Höhen, die Sprachsteuerung versteht nun auch Hingenuscheltes. Und wer gern in der Luft herumfuchtelt, darf sich hier mit der neuen Gestensteuerung vergnügen.

Dazu die typischen Platzverhältnisse des 5er, nicht übertrieben üppig, aber gut passend für normalgewachsene Mitteleuropäer. Auch in der zweiten Sitzreihe genügend Kopf- und Beinfreiheit. Bis dahin alles schick und fein. Hat der Händler Ihnen auch den Kofferraum gezeigt? Vermutlich nicht, denn der ist, äh, spürbar geschrumpft, weil sich unter ihm das Paket des Lithium-Ionen-Akkus ziemlich breit macht. Da fehlen jetzt immerhin 120 Liter Ladevolumen, die Ladehöhe liegt nur noch bei gut 39 Zentimetern – das wird knapp für einen größeren Familienurlaub.

Nein, wir wollen Ihnen das Auto nicht vermiesen. Deshalb jetzt zu den Fahrleistungen und zur spannendsten Frage: Wie weit schafft es denn der 530e so rein elektrisch? Sein Vorgänger im Geiste, Sie erinnern sich womöglich, hieß Active Hybrid 5 und kam vollelektrisch bei gutem Willen und sehr zartem Gasfuß gerade mal vier Kilometer weit, bevor sich gnädigerweise der Benziner einschaltete.

Labor-Verbrauch unter 2 Liter

Die technischen Voraussetzungen sind nun prinzipiell okay. Den Neuen treibt der 184 PS starke Zweiliter-Turbobenziner aus dem 320i im Bunde mit einem 113 PS starken Synchron-Elektromotor – beim Vorgänger waren es nur 55-Elektro-PS. Und die gerade erwähnte Lithium-Ionen-Batterie, deren Zellen übrigens Samsung beisteuert, hat jetzt eine Kapazität von 9,2 kWh, die laut BMW für 50 Kilometer rein elektrisches Fahren und einen Mini-Verbrauch von nur 1,9 Liter pro 100 Kilometer gut sein soll. Letzteres ist natürlich wie stets in solchen Fällen mehr ein Laborwert.

Und diese Ansage gilt auch nur für die 18-Zoll-Standardbereifung, schon mit 19-Zöllern und Mischbereifung (Testwagen: vorn 245/40 R19, hinten 275/35 R19) sind es nämlich nur noch 48 Kilometer Reichweite, mit 20-Zöllnern lediglich 46. Ach ja, und als elektrische Höchstgeschwindigkeit sind maximal 140 km/h möglich. Also müssen wir unterwegs höllisch aufpassen, bei mutwilliger Überschreitung droht der Start des Benzinmotors.

Jetzt aber. Nach dem Druck auf den Startknopf signalisiert die Batterieanzeige 46 Kilometer, der Akku ist fast voll. Wir wählen gleich „MAX eDRIVE“ auf dem eDrive-Taster, den Modus für den ausschließlich elektrischen Antrieb und wir schalten auch gleich die Klimaanlage aus, die ja nur unnütz Energie verpulvern würde. Und nach dem Start in Garching bei München rollen wir entspannt durch die nähere Umgebung.

Erst mal fünf Kilometer Autobahn mit knapp 100 km/h, dann der Wechsel auf ruhige bayrische Landstraßen mit wenigen Ortsdurchfahrten und nur leichten Anstiegen und Abfahrten. Dazu gibt es von oben etwas Morgensonne und frische 12 Grad Außentemperatur. Alles in allem nette Bedingungen für den Stromer, zumal wir brav und vorausschauend fahren, das „Gas“-Pedal eigentlich nur streicheln. Da dürfen Sie bei BMW nachher wirklich nicht meckern.

Wir sind wieder mal infiziert von diesem ansteckenden Elektroauto-Syndrom, das sich quasi automatisch einstellt, wenn man so flüsterleise durch die Landschaft rauscht und dabei ständig auf die abnehmenden Reichweiten-Ziffern linst. Bloß immer schön rollen lassen die Fuhre. Wobei dieses Dahingleiten zwischen gelbblühenden Rapsfeldern durchaus Freude macht, zumal die Kraft des E-Motors im 530e sehr geschmeidig zum Einsatz kommt.

Kürzer als gedacht

Leider ist es bereits nach 37,9 Kilometern trotz aller Spartricks mit der Ruhe vorbei. Drei kleine Striche signalisieren: Akku leer mein Lieber, gleich kommt der schnöde Verbrenner um die Ecke. Schon meldet sich der Vierzylinder-Benziner. Dumm, dass er seinen Einsatz ausgerechnet in diesem Auto akustisch ziemlich knurrig startet. Das kennt man auch anders bei BMW, alte Freunde der Marke denken jetzt wehmütig an die seidenweichen Sechszylinder des Hauses.

Und was machen wir? Genau, wir laden den Akku einfach wieder auf. Geht ja ganz einfach während der Fahrt in diesem 530e. „BATTERY CONTROL“-Schalter drücken. Wir wählen mal mutig 100 Prozent als Ladeziel und starten auf der Autobahn Richtung Nürnberg. Erster Schock: Die aktuellen Verbrauchswerte bewegen sich nun laut Bordcomputer zwischen 11 und 15 Litern pro 100 Kilometer. BMW umschreibt diese Völlerei elegant mit dem schönen Terminus »Lastpunktanhebung«. Tja, jetzt muss der Vierzylinder nämlich gleichzeitig für Speed und Akkufüllung sorgen. Dieses Vorbunkern macht jedenfalls nur Sinn, wenn man in Stuttgart wohnt und unbedingt noch ein paar Stromreste braucht, weil dort womöglich auch bald die Benziner ausgesperrt werden.

Weil das bei uns aber nicht der Fall ist, hören wir mit dem spritfressenden Spaß nach 40 Minuten auf. In dieser Zeit haben wir die Reichweite immerhin auf exakt 25 Kilometer zurückgebracht. Wir drehen um, und fahren via Autobahn wieder vollelektrisch. Jetzt allerdings zügiger, nämlich zwischen 120 und 140 km/h. Das Ergebnis: Damit kommen wir gerade rund 8 Minuten oder 16 Kilometer weit, bis der Benziner wieder vorlaut eingreift.

Es geht auch sportlich

Natürlich haben wir auch den Modus „AUTO eDRIVE“ probiert, der als Grundeinstellung laut BMW das „optimale Zusammenspiel von Verbrennungs- und Elektromotor“ sicherstellen soll. Das macht dann wirklich Freude, denn mit diesem Mix erreicht der 530e insgesamt bis zu 252 PS und stramme 420 Nm Drehmoment, was locker im Bereich durchzugskräftiger Zweiliter-Diesel liegt. Der Verbrauch pendelte dabei je nach Situation zwischen 6,1 und 7,7 Litern (Bordcomputer),

Und das Fahrverhalten? Natürlich typisch 5er. So kurvenscharf ist keiner in der Klasse, die überdirekte Lenkung ist ein Lobgesang wert, die Gänge flutschen nur so durch die achtgängige Steptronic-Automatik, in die der Synchron-Elektromotor integriert ist und mit seinen 250 Nm Drehmoment einen Wandler überflüssig macht. Die Drehzahlanschlüsse sind jedenfalls immer perfekt. Dank Camera-View ist hier selbst das zentimetergenau Ein- und Ausparken ein Quell ständiger Freude, und selbstverständlich stehen im Elektro-Fünfer sämtliche modernen Fahrer-Helfer parat – von der Geschwindigkeitsregelung mit Stauautomatik bis zum Lenk- und Spurführungsassistenten, inklusive Ausweichhilfe bis 160 km/h.

Bleibt natürlich noch die Frage, wie es denn mit der Ladezeit aussieht. An der konventionellen Haushaltssteckdose soll der Akku des 530e in etwa fünf Stunden wieder voll sein. Mhm, mal zum Vergleich: Der Stromspeicher eines Toyota Prius Plug-in (8,8 kWh) braucht für so eine Übung nur 3,5 Stunden. Für die BMW i Wallbox (ab 900 Euro, 3,7 kW Ladeleistung) versprechen die Münchner dann knapp drei Stunden.

Induktion geplant

Und machen Hoffnung, denn im nächsten Jahr soll man den 530e iPerformance gegen Aufpreis auch induktiv, also ohne Stöpselei über einer entsprechenden Ladeplatte in der Garage befüllen können. Induktiv? Sie wissen schon, das Prinzip elektrische Zahnbürste. Prognostizierte Ladedauer beim 530e: immerhin auch 3,5 Stunden. BMW hat sich hier zur Standardisierung mit Daimler zusammengetan. Dummerweise ist diese Ladetechnik für den 5er des Modelljahres 2017 nicht nachrüstbar. Dann vielleicht lieber warten.

Das Finanzielle, das vielleicht Ihre Firma übernimmt, stimmt jedoch etwas versöhnlich. Der BMW 530e iPerformance kostet 52.600 Euro, das sind 2800 Euro mehr als für den ebenfalls 252 PS starken 530i fällig sind. Andererseits lassen sich beim Plug-in-Hybrid die 3000 Euro abziehen, die Vater Staat als Zuschuss spendiert. Und auf die Lithium-Ionen-Batterie gibt es hier immerhin sechs Jahre beziehungsweise 100.000 Kilometer Garantie.

Am Ende wollen Sie natürlich wissen, ob dieser BMW eine Empfehlung ist. Sagen wir es mal so: Der 530e passt für Leute, die viel in städtischen Großräumen unterwegs sind. Da gleiten Sie womöglich fast nur elektrisch durch die Gegend, gut fürs grüne Image, die Nerven und fürs Portemonnaie. Für den rasanten, kilometerfressenden Businesstyp ist der 530e allerdings weniger geeignet, zumal der Benzintank, sorry, das hatten wir noch gar nicht erwähnt, hier gerade mal 46 Liter fasst.

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1 Kommentar

  1. Magnus

    Bin gerade (2020) umgestiegen von 528ix auf den 530e. Ein Träumchen!

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