21,7 Kilowattstunden (kWh) Strom verbraucht ein Tesla Model X auf 100 Kilometer Fahrstrecke, ein Audi e-tron etwa drei Kilowattstunden mehr. Im Schnitt, auf dem Papier, im Drittel-Mix des „Neuen Europäischen Fahrzyklus“. Der ist von der Realität des Alltags allerdings so weit entfernt wie der Mond von der Erde. Denn ermittelt werden die Werte auf dem Rollenprüfstand, unter idealen Bedingungen und mit einer Höchstgeschwindigkeit von 120 km/h. Doch mit Tempo 120 bewegen sich Elektroautos dieses Kalibers eher selten über die Autobahn. Erst recht nicht, wenn sie als Geschäftswagen bewegt werden: Die Verlockung wird dann gerne etwas tiefer in Richtung Bodenblech bewegt. Bei Fahrzeugen mit einem Gewicht von 2565 Kilogramm (Audi) oder 2534 Kilogramm (Tesla Model X) sind da schnell höhere Verbrauchswerte erreicht.

Audi gegen den Rest der E-Auto-Welt

Die Elektroauto-Vermietung „Nextmove“ aus Leipzig wollte es genauer wissen und organisierte einen Verbrauchs-Vergleichstest auf der Autobahn unter dem Motto „Audi gegen den Rest der Elektroauto-Welt“. Mit jeweils zwei Exemplaren des Audi e-tron (einmal mit digitalen und klassisch analogen Außenspiegeln) und des Tesla Model X in der Ausführung 100D (mit Sommer- und mit Winterreifen). Dazu kamen zum Vergleich zwei Hyundai Kona und jeweils ein Tesla Model S 100D sowie ein Tesla Model 3 in der Langstreckenausführung mit Allradantrieb. Bewegt wurden die Autos auf den Schnellstraßen rund um Leipzig an einem Sonntagvormittag bei acht Grad Außentemperatur unter einheitlichen Konditionen von erfahrenen Elektromobilisten. Zunächst absolvierten alle acht Testfahrzeuge die Strecke bei maximal Tempo 130 mit einer verkehrsbedingten Durchschnittsgeschwindigkeit von 115 km/h. Auf dem Rückweg war Tempo 150 angesagt – und am Ende ein Schnitt von 130 km/h erreicht.

Um identische Testbedingungen zu schaffen, wurde der Tempomat erst bei Erreichen der Reisegeschwindigkeit genutzt und auf Rekuperation soweit möglich verzichtet, auch bei den Autobahnausfahrten. Stattdessen wurde vorausschauend ausgerollt, um keine Bewegungsenergie zu verschwenden. Heizung und Lüftung waren während des gesamten Tests ausgeschaltet – lediglich die Nutzung der verbrauchsarmen Sitzheizung war erlaubt. Während der Fahrt waren alle Fahrer über Funkgeräte miteinander verbunden. Aufgrund einer Autobahnsperrung wurde die ursprünglich geplante komplette Runde, etwas verkürzt.

Genug auf die Folter gespannt: Wie verlief der Verbrauchstest? Um es vorweg zu nehmen: Spannend, aber mit einem von den Testern nicht unerwarteten Ergebnis.

Je leichter, desto sparsamer

Der Verbrauch aller acht Elektroautos im Vergleich bei Tempo 130 lag zwischen 18,5 und 28,4 Kilowattstunden auf 100 Kilometern. Neben dem Tesla Model 3 als Effizienzsieger stach auch der Hyundai Kona auf Sommerreifen mit einem Verbrauch von 19,1 kWh hervor. Kein Wunder: Mit 1847 (Tesla) und 1760 Kilo (Hyundai) waren diese Autos auch die leichtesten Fahrzeuge im Vergleich. Überraschender war da schon das Abschneiden des Tesla Model S: Obwohl fast 350 Kilo schwerer als der Hyundai Kona, verbrauchte die sommerbereifte Limousine aus Kalifornien mit 20,4 kWh einen Tick weniger als der kompakte SUV aus Korea, der auf Winterreifen unterwegs war und auf einen Durchschnittsverbrauch von 20,7 kWh/100 kam. Deutlich höher war hingegen der Energieverbrauch des Tesla Model X: Das Exemplar mit Sommerbereifung kam auf einen Durchschnittswert von 23,8 kWh/100 km, die Winter-Variante auf 24,1 kWh/100 km. Nochmals höher war allerdings der Energiehunger des Audi e-tron: Das Exemplar mit digitalem Außenspiegeln gönnte sich bei Tempo 130 durchschnittlich 27,5 Kilowatt Ökostrom auf 100 Kilometer. Das Exemplar mit konventionellen Außenspiegeln gönnte sich noch eine Kilowattstunde mehr.

Ganz schön schwerDer Audi e-tron wiegt samt Batterie über 2,5 Tonnen. Das Gewicht und die große Stirnfläche der Karosserie treiben den Energieverbrauch des Elektro-SUV.
Ganz schön schwer
Der Audi e-tron wiegt samt Batterie über 2,5 Tonnen. Das Gewicht und die große Stirnfläche der Karosserie treiben den Energieverbrauch des Elektro-SUV.
© Edison

Je schneller, desto durstiger

Und wie sah es bei Tempo 150 aus? Nicht wesentlich anders – die Rangfolge blieb die gleiche. Als klare Sieger gingen auch hier das Tesla Model 3, der Hyundai Kona und das Tesla Model S hervor. Sie lagen beim Verbrauch in einer Spanne zwischen 20,9 und 23,6 kWh/100 km. Das niedrigere Gewicht und die bauartbedingt bessere Aerodynamik zahlen sich auch hier aus. Die vier SUVs brauchten deutlich mehr Strom, um auf Touren zu kommen und dort zu bleiben. Die Energieverbräuche lagen hier zwischen 27,2 kWh/100 km (Model X mit Winterreifen) und 30,8 kWh/100 km (Audi e-tron mit klassischem Außenspiegel. Im direkten Vergleich zwischen Tesla und Audi fiel den Testern auf, dass der Verbrauchsvorteil des Model X bei niedrigeren Fahrgeschwindigkeiten deutlicher ausfällt als bei höheren Geschwindigkeiten. Bei einem früheren Vergleichstest der Fachzeitschrift Auto, Motor, Sport fiel der Unterschied deutlich geringer aus. Dort hatten die Tester allerdings auch die ausgeklügelte Fähigkeit des Audi genutzt, Bremsenergie zurück zu gewinnen. Laut Werksangaben kann bei intensiver Nutzung der Rekuperationsleistung die Reichweite des e-tron auf diese Weise um bis zu 30 Prozent verlängert werden.

Bis zu 480 Kilometer weit

Und darauf kommt es Vielfahrern letztlich an: Reichweite. Was sagt der Autobahn-Test von „Nextmove“ in Leipzig darüber aus? Rein rechnerisch kommt man mit dem Tesla Model S am weitesten, klar, mit einer nominellen Batteriekapazität von 100 Kilowattstunden, windschnittiger Karosserie und relativ geringem Gewicht. Bei Spitzentempo 150 käme man in topfebener Landschaft mit einer Akkuladung 428 Kilometer, bei Tempo 130 auf der Autobahn 480 Kilometer weit. Das Model X und das Model 3 liegen davon nicht weit entfernt. Der Kona schafft rein rechnerisch unter gleichen Bedingungen 283 und 322 Kilometer, eher er wieder an eine Ladestation muss.

Auf kürzere Etappen müsste sich der Fahrer eines Audi e-tron einstellen. Wenn er die vielfältigen Möglichkeiten zur Rekuperation, die das Auto bietet, nicht nutzt, ist die schnelle Fahrt schon nach 275 Kilometern zu Ende, bei Richtgeschwindigkeit 130 nach etwa 300 Kilometern. Dass die Diskrepanz nicht größer ausfällt, könnte daran liegen, dass die Audi-Entwickler das Fahrzeug für höhere Fahrgeschwindigkeiten optimiert haben als die Ingenieure der US-Marke: Bei den Teslas steigt der Energieverbrauch jenseits von Tempo 130 deutlich stärker an.

Audi-Fahrer können sich aber trösten: Sie kommen vielleicht nicht ganz so weit wie ein Tesla Model X. Dafür aber können Sie dank einer höheren Ladegeschwindigkeit an einer geeigneten Station schneller Strom zapfen und den Akku wieder befüllen: Abgerechnet wird am Ziel.

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