Schon als Kind hat Dirk Steffens die Vorstellung fasziniert: Autos, die vollautomatisch über die Straßen gleiten. Insassen, die Zeit fürs Spielen, Reden, Schauen haben. Der Moderator las als kleiner Junge über diese Zukunftsvision in den „Was-ist-Was?“-Sachbüchern – und ist immer noch begeistert: „Das wäre doch super“, sagt er heute. „Auf langen Autobahnfahrten könnte ich mich entspannt mit meiner Frau unterhalten, ohne hinterm Lenkrad festzuhängen.“ Angetrieben von einem E-Motor, geladen mit Ökostrom wäre die Fahrt sogar komplett emissionsfrei.

Steffens ist viel unterwegs – beruflich wie privat. Er moderiert die beliebte Wissenschaftssendung „Terra X“ im ZDF und bringt den Deutschen die Schönheit der Welt in den heimischen Alltag: von den Steppen der Mongolei über den Dschungel Costa Ricas bis zu den Gletschern Grönlands. Ohne auszublenden, wie der Mensch die Natur zerstört. Er selbst wurde dabei zum Umweltschützer, als UN-Botschafter für biologische Artenvielfalt oder Unterstützer des Jane-Goodall-Instituts, gegründet von der berühmten Primatenforscherin.

„Mobiler Mensch“ mit schlechtem Gewissen

Der Fünfzigjährige war als Reporter in mehr als 120 Ländern, ist damit eine Art Prototyp des Homo mobilis, des modernen mobilen Menschen. Der auch erkennen muss: Seine Flugreisen und Autofahrten heizen die Erdatmosphäre auf. Die Kohlendioxid- Emissionen aus dem Verkehr wachsen noch immer weiter. Welche Folgen das hat, kann Steffens im kleinen Inselstaat Palau erleben, dessen Honorarkonsul er ist. Einige der kleineren Atolle dort im Pazifik ragen nur wenige Meter aus dem Wasser. Steigt der Meeresspiegel durch die Erderwärmung weiter an, drohen sie überflutet zu werden.

Electra ohne Strom
Die Marke wurde in den 90ern von zwei Berlinern in Kalifornien gegründet und soll für Fahrspaß stehen – und setzt dafür auf Lifestyle-Cruiser.
© Copyright Tobias Kruse

Er bemüht sich daher um eine ganz persönliche Verkehrswende. Beim Gespräch an einem sonnigen Vormittag in seiner Heimatstadt Hamburg erzählt er, was er selbst tut, was seine Erwartungen an die Politik sind und wie sein Traum unbeschwerter Mobilität aussieht. Klar ist für ihn: „Verzicht ist keine Option“, wie ihn mancher aus der grünen Szene fordert. Auch wenn er wirken würde. „Wir brauchen den persönlichen Austausch mit anderen Menschen“, nur so entstünden Wissen und Fortschritt.

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Zum Treffen in der Hamburger Hafencity ist er mit dem Rad gekommen, einem von insgesamt drei. Ein Modell Electra, ein elegantes, reduziert gestaltetes Stadtrad. „Für mich das ideale Verkehrsmittel in der Stadt, um schnell irgendwo hinzukommen“, erzählt er. Trotz des Namens ist es kein Elektrorad. „Ich habe nicht viel Freizeit, da brauche ich jede Minute zum Trainieren.“ Demnächst will Steffens bei einem Triathlon mitmachen, da muss er fit sein.

Smart auf dem Rad
Ganz Fernsehmoderator weiß Steffens, wie man auf dem Rad cool zum Interview kommt.
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Touren mit dem Rennrad unternimmt er an seinem zweiten Wohnsitz, einem Ferienhaus in der Nähe der Schlei, kurz vor der dänischen Grenze. Dorthin fährt er mit seinem Plug-in Hybrid, einem Volvo V60. Mit dem Schweden-Kombi kann er so in der Stadt emissionsfrei fahren und durch den konventionellen Antrieb mit Benzinmotor schafft er sicher die 150 Kilometer gen Norden zum Zweitwohnsitz.

Anfangs hatte er – wie so viele – das Problem: Wo lade ich mein Auto? Sein Volvo steht in einer Gemeinschaftsgarage. „Ich musste den Vermieter lange belabern, bis ich einen Stellplatz mit Steckdose bekommen habe“, erzählt Steffens. Mit einem selbst gekauften Zähler misst er, wie viel Strom er verbraucht.

„Ladeinfrastruktur auch privat födern“

Das alles findet er eigentlich zu umständlich. „Wir müssen den Aufbau einer Ladeinfrastruktur auch im privaten Bereich fördern, nicht nur im öffentlichen“, fordert Steffens. Wer kein eigenes Haus mit Garage hat, will nicht lange eine freie Ladesäule suchen, sondern braucht eine Lösung am Stellplatz nahe seiner Wohnung. „Alles andere wäre welt- und lebensfremd.“

Zwei Radler simpeln fach
Dirk Steffens erklärt unserem Redakteur Lothar Kuhn, wie er seinen Klima-Rucksack trotz vieler Reisen möglichst klein hält.
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Steffens hält die Plug-in-Technik für eine Übergangslösung. Der Verbrauch der Fahrzeuge sei durch das zusätzliche Gewicht von Elektromotor und Batterie auf Langstrecken relativ hoch. Zum Kauf eines reinen Elektroautos hat er sich noch nicht durchringen können. Die echte Reichweite solle schon bei 400 Kilometern liegen, damit er es auch im Winter bei eingeschalteter Heizung und laufendem Scheibenwischer sicher in sein Ferienhaus schaffe.

Trotzdem sind E-Autos für Steffens aus Gründen des Klimaschutzes die Zukunft – wenn sie mit Öko-Strom betrieben werden. Deshalb wünscht er sich ein festes Ausstiegsdatum, ab dem in Deutschland keine Fahrzeuge mit Verbrenner mehr zugelassen werden dürfen. So wie es andere Länder in Europa bereits vorgemacht haben. „Dann haben die Hersteller Planungssicherheit und können sich vorbereiten.“ Mercedes, Volkswagen, BMW seien sehr wichtig für die deutsche Wirtschaft. „Wir müssen penibel darauf achten, sie zukunftsfit zu halten.“ Das werde nicht gelingen, wenn sie weiter 400-PS-Boliden mit Verbrenner bauten. „Diese Zeiten gehen dem Ende entgegen.“

Künftig mehr Carsharing

Nicht nur die Antriebstechnik, auch das Verhältnis insgesamt zum Auto werde sich ändern. Wer in Städten nur wenig fahre, brauche kein eigenes Auto, sondern könne Carsharing nutzen. Er wünsche sich eine Art Mobilitäts-Club: Der solle ihm ermöglichen, mit einer einzigen Karte oder App das Leihfahrrad für den Weg zum Bahnhof zu mieten, den Zug zu nutzen und dann etwa in Köln das Auto zu öffnen, um zur Schwiegermama ins Bergische Land zu fahren.

Natürlich belastet auch diese Form der Mobilität die Umwelt. „Aber deshalb muss niemand in der Hölle schmoren.“ Unsere „kleine, fleißige Erde“ schaffe ständig viele neue Ressourcen. Es gehe darum, Stoff- und Energiekreisläufe zu schließen. Sonne und Wind liefern Energie kostenlos und laufend entstünden neue Technologien, um sie zu nutzen: „Da ist der Drops noch nicht gelutscht.“

Und seine vielen Flugreisen? Klar, „die Ökobilanz beim Fliegen ist ziemlich übel“, räumt Steffens ein. Aber er kompensiere einen Teil seiner CO2-Emissionen mithilfe der gemeinnützigen Organisation Atmosfair, die Klimaschutzprojekte finanziert. Und er investiere dreißig Prozent seiner Zeit in den ehrenamtlichen Umweltschutz. Das sei zwar nicht so gut, wie gar nicht zu fliegen: „Aber besser als nichts zu tun.“

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