Ab Anfang 2019 wollen Volkswagen, Mobileye und die Handelsgruppe Champion Motors gemeinsam einen Mobilitätsdienst mit selbstfahrenden Elektroautos starten. Die israelische Regierung fördert das Vorhaben, was die beteiligten Firmen gestern bekannt gegeben haben. Die drei Unternehmen gründen dazu ein Joint Venture, um den Ride-Hailing-Service schrittweise auszubauen. 2022 wollen die Partner den Regelbetrieb erreicht haben.

Losgehen soll es mit einigen Dutzend E-Autos von VW, aus denen dann schnell mehrere Hundert Fahrzeuge werden sollen. Mobileye wiederum liefert Hard- und Software sowie die nötigen Karten, damit die Fahrzeuge hoch automatisiert fahren können. Das System soll mit nahezu allen Verkehrssituationen zurecht kommen, der Mensch muss nur noch in Ausnahmefällen eingreifen. Das entspricht dem Level 4 der fünf Abstufungen bis hin zum komplett autonomen Fahren (siehe Kasten).

Intel hatte das israelische Start-up Mobileye vor gut zwei Jahren für stolze 15,3 Milliarden Dollar übernommen. Champion Motors kümmert sich um Logistik und Infrastruktur für die Flotte. Das Unternehmen ist einer der wichtigsten Autoimporteure und -händler in Israel mit Schwerpunkt auf die Modelle der gesamten Volkswagengruppe.

Auch Daimler, Bosch und Waymo planen autonome Taxi-Dienste

Neben Volkswagen und Intel arbeiten auch zahlreiche andere Autohersteller, Taxidienste und Internetkonzerne an hochautomatisierten Mobilitätsdienstleistungen. Die zumindest in den Städten das eigene Auto, womöglich aber auch Teile des Nahverkehrs ersetzen können. Per App gerufene Roboter-Gefährte bringen den Fahrgast entweder allein (Ride Hailing) oder gemeinsam mit anderen Passagieren (Ride Sharing) zum Ziel. Anfang des Jahres hatten etwa Daimler und Bosch angekündigt, kommendes Jahr Robo-Taxis in Kalifornien testen zu wollen. Zulieferer ZF hat sich mit dem deutschen Start-up e.Go verbündet, um einen autonomen Minibus zu bauen.

Besonders weit ist Waymo, das Unternehmen gehört wie Google zum Alphabet-Konzern. Es bietet bereits für eine geschlossene Nutzergruppe in Phoenix, US-Bundesstaat Arizona, einen kostenlosen Taxi-Dienst mit Minivans von Chrysler an. Es erweitert gerade schrittweise die Nutzergruppe und die Waymo-Fahrzeuge haben bereits Millionen von Kilometern selbstständig fahrend zurückgelegt. Der Taxi-Dienst Uber musste erleben, dass die Technik allerdings nicht jeden Unfall vermeiden kann: Im März kollidierte in Tempe, eine Stadt ebenfalls in Arizona, ein Robo-Wagen des Fahrdienstvermittler mit einer Radfahrerin, die wenig später im Krankenhaus an ihren Verletzung starb.

Härtetest in Jerusalem

Der Unfall sorgte weltweit für Schlagzeilen. Uber stoppte während der Untersuchung des Unfalls seine Testfahrten. Ziel aller Feldversuche ist es, die Fahrzeuge auf möglichst viele Verkehrssituationen vorzubereiten. Das gilt auch für das Pilotprojekt von VW, Mobileye und Champion Motors in Israel. „Wer in Jerusalem Auto fahren kann, kann das – fast – überall auf der Welt“, hatte Mobileye-CEO Amnon Shashua bereits bei früherer Gelegenheit gesagt. Die Stadt sei bekannt für einen aggressiven Fahrstil der Bewohner, nicht alle Straßen seien korrekt markiert, es gebe komplizierte Kreuzungen. Für jeden Algorithmus ist das ein Alptraum, der sich streng an die Verkehrsregeln hält. „Ein autonomes Auto kann nicht mit übertrieben vorsichtigem Tempo fahren“, erzählt Shashua, es werde sonst zum Verkehrshindernis und könne sogar Unfälle verursachen. Die Software müsse „so schnell entscheiden wie ein einheimischer Fahrer“.

Um diesem Anspruch gerecht zu werden, rüstet Mobileye seine Testfahrzeuge mit zwölf Kameras aus, um den Verkehrs rings um das Auto überwachen zu können. Vier von ihnen sind nur fürs Einparken zuständig. Shashua, der zugleich Informatik-Professor an der Hebräischen Universität in Jerusalem ist, hat den Anspruch, die Autos mithilfe der Kameras und künstlicher Intelligenz (KI) autonom fahren zu lassen. Allerdings verlässt er sich nicht allein auf die KI, sondern prüft laufend, ob deren Entscheidungen gegen zuvor definierte Regeln verstoßen, wie etwa vorsichtig an unübersichtlichen Stellen zu fahren oder den richtigen Abstand einzuhalten. Der Vorteil: „Daher müssen wir nicht Milliarden von Kilometern zurücklegen, um das System zu trainieren.“

Andere Sensoren wie Radar oder Lidar, um Hindernisse zu erkennen oder Entfernungen zu messen, nutzt Shashua in dieser Phase noch nicht, sondern will sie später einsetzen. Sollten die Kameras ausfallen, könnten sie dann dem Fahrzeug helfen sich zu orientieren. Das sorge für Redundanz und erhöhe die Sicherheit, versichert der Mobileye-Chef.

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