Wer sein erstes eigenes Auto anmeldet, kennt das: Versicherungen stufen Antragsteller mit wenig Fahrerfahrung in hohe Risikogruppen ein, entsprechend teuer fällt die Prämie selbst bei schwach motorisierten Kleinwagen aus. Die Krux: Selbst wenn der stolze Kennzeichen-Debütant schon Jahre lang mit dem Auto der Eltern oder mit einem Firmenwagen unterwegs war, rechnen Versicherer das in der Regel nicht beitragsmindernd an.

Als „Erfahrung“ gilt Fahrpraxis meist nur, wenn der Versicherungsnehmer ein Auto auf sich zugelassen hat. Früher, als die meisten ein eigenes Auto hatten, war das kein allzu großes Problem. Doch seit das Eigentum und damit die Zulassung eines Privatwagens in der Sharing-Economy immer mehr in den Hintergrund rücken, tritt die Situation häufiger auf.

Versicherungen sind interessiert

Wer also jahrelang mit dem Carsharing-Auto oder Mietwagen durch die Stadt kurvt und anlässlich der Familiengründung eines Tages doch einen eigenen Kombi kauft, wird erst einmal entsprechend teuer eingestuft. Das Münchener Start-up „Keysurance“ will genau dieses Problem lösen: Versicherer sollen Autofahrer künftig nach ihrer tatsächlichen Fahrpraxis einstufen können. Nutzer können sich dazu bei Keysurance registrieren und dokumentieren, wie viele Kilometer sie schon am Steuer eines PKW zurückgelegt haben – egal ob im Firmen-, Mietwagen oder per Carsharing.

„Die Versicherer, denen wir das Konzept vorgestellt haben, waren von der Idee begeistert“, sagt Gründer Simon Bumm aus München. Der 24-Jährige und zwei seiner Kommilitonen haben Keysurance im vergangenen Jahr im Rahmen des Gründer-Förderprogramms „UnternehmerTUM“ der TU München aus der Taufe gehoben.

Kosten für Versicherung sinken deutlich schneller

Über Monate hinweg haben sie mit Versicherern gesprochen, um frühzeitig die Marktchancen abzuklopfen. Ergebnis: Die Assekuranzen haben ein Interesse daran, Risiken möglichst korrekt zu bewerten.

Sie würden Keysurance-Nutzern einen so genannten dynamisierten Versicherungsvertrag anbieten: „Die Höhe der Tarife soll dem Fahrprofil entsprechen“, sagt Bumm. Vor allem bei der Versicherung des ersten eigenen Autos könnte die Prämie nach ersten Modellrechnungen bereits nach einem Quartal um 20 bis 30 Prozent sinken – so stark wie sonst erst nach zwei bis drei Jahren.

Derzeit tüfteln die Gründer daran, wie sie Daten über die zurückgelegten Strecken aus den benutzten Autos möglichst unkompliziert und zuverlässig übermitteln können. Der Volkswagen-Konzern findet die Idee so überzeugend, dass er Keysurance in den Start-up-Inkubator seiner Gläsernen Fabrik aufnimmt.

Ende Februar zieht das Start-up nach Dresden und hat dort sechs Monate Zeit, mit einem eigenen VW-Protoypen eine geeignete Schnittstelle zum Übertragen der Daten zu entwickeln. Obendrein sponsert der Autobauer das Start-up mit 15.000 Euro. Die Stadt Dresden unterstützt die drei Gründer bei der Suche nach einer Bleibe, nur die eigene Wohnung müssen sie vorübergehend selbst untervermieten. In München vermutlich kein allzu großes Problem.

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