Wer kein eigenes Auto braucht, nutzt dafür immer öfter Car Sharing. Und wer gerne mal zu einem Ausflug abhebt? Für den gibt es Flight Sharing! Funktioniert fast so einfach wie am Boden und kostet nicht die Welt. Die Idee von der gemeinschaftlichen Nutzung teurer Produkte ist damit in der Luft angekommen. Es gibt mittlerweile unterschiedliche Angebote, je nach Kundenbedürfnis.

Plätze in Kleinmaschinen lassen sich zum Beispiel bei Wingly und Coavmi buchen. Die Plattformen bringen Piloten und Interessenten zusammen. Das hat für beide Seiten Vorteile: Besitzer eines Flugscheins müssen nämlich eine bestimmte Zahl von jährlichen Stunden in der Pilotenkanzel absolvieren. Dazu mieten sie sich in der Regel eine Maschine. Die hohen Kosten dafür können die Hobbyflieger mit Hilfe der Plattformen reduzieren – durch zahlende Mitflieger.

Ein Blick auf das Wingly-Angebot zeigt: Die Flugpreise bleiben auf diese Weise für alle Beteiligten moderat. Rundflug über die Dächer Berlins? Macht 67 Euro für eine gute Stunde. Die Alpen von oben? In der Region München für 93 Euro zu haben. Zur Buchung genügt das Handy. Ganz ähnlich wie mit dem geteilten Auto, dem Fernbus oder der Bahn. Vor dem Start verabreden sich Pilot und Passagiere telefonisch auf einem der meist kleinen Landeplätze. In Deutschland gibt es davon mehrere hundert. Die Region mit den meisten Privatpiloten ist übrigens Köln.

„Wir hatten 2017 insgesamt 5200 Mitflieger“, freut sich Lars Klein, einer der Wingly-Gründer. 8800 Piloten sind nach seinen Angaben auf der Plattform registriert, und das s in mehreren europäischen Ländern.

Vor allem Piloten profitieren

Gestartet war Wingly vor zwei Jahren in Frankreich, von wo die beiden anderen Gründer stammen. „Zuerst gab es Vorbehalte, vor allem bei den französischen Gewerkschaften“, erinnert sich Klein. Die fürchteten um Arbeitsplätze in den etablierten Unternehmen. „Dieser Widerstand hat sich inzwischen gelegt. Man hat erkannt, dass wir die Luftfahrt sogar fördern“, sagt Klein. Schließlich sparten Piloten durch die geteilten Kosten Geld, das sie wieder in die Fliegerei investierten. Am Ende werde also die hervorragend ausgebaute Infrastruktur der privaten Luftfahrt stärker genutzt.

Wingly-Piloten starten fast ausschließlich bei gutem Wetter. Das liegt an der Größe der Maschinen: Die meisten besitzen keine Landeinstrumente, daher ist guter Sicht wichtig. Sicherheitsbedenken zerstreuen die Wingly-Macher: „Die Flugzeuge gehören meistens einem Flugverein, der sehr am guten Zustand seines Eigentums interessiert ist.“ Mehr als die Hälfte der Touren sind übrigens Rundflüge, viele Erstkunden buchen später einen Ausflug. Geschäftskunden hingegen nutzen Wingly kaum. Sie müssen schließlich zuverlässig abheben, nicht nur dann, wenn die Sonne scheint.

Für diese Klientel gibt es JetClass. Auch hier lassen sich unkompliziert freie Sitze buchen. Allerdings in professionelleren Flugzeugen, etwa einer Cessna, Citation oder Hawker. JetClass sichert sich die vier oder auch acht Sitze an Bord und bietet sie auf seiner Plattform an. Die Kunden kämen „ab der mittleren Management-Ebene“, heißt es im Unternehmen.

Beim Streckennetz ist die Firma flexibel. „Wir suchen den Markt ständig nach Kurzstrecken ab, auf denen die großen Airlines nur ein schlechtes oder gar kein Angebot haben“, sagt Firmensprecher Florian Schramböck. Dazu setzt JetClass Künstliche Intelligenz ein: Die Computer erkennen, wo Strecken plötzlich gut nachgefragt, aber schlecht versorgt sind. Dort werden Kapazitäten gebucht und angeboten. Aktuell zwischen Genf und Stuttgart zum Beispiel oder zwischen Berlin und Straßburg. München, Frankfurt und weitere deutsche Airports sollen bald hinzukommen.

Derzeit bietet die Plattform 214 Sitze pro Woche an, die Auslastung liegt nach eigenen Angaben bei etwa 60 Prozent. Geflogen wird immer, versprechen die Gründer. Selbst, wenn sie nur einen Platz in der Maschine verkaufen konnten.

Keine Wartezeit am Terminal

Bis zu zwei Stunden vor Abflug lassen sich die JetClass-Strecken buchen. Gestartet wird an den kleinen Terminals der Allgemeinen Luftfahrt. „Keine nervenden Riesen-Terminals und kein Zeitverlust“, lockt die Firma Geschäftskunden. Die können tatsächlich bis zu 15 Minuten vor Abflug eintreffen und umgehend abheben. Bislang noch zu Preisen ab 290 Euro in eine Richtung. Wer Business Class bei Lufthansa oder Air France bucht kommt auch nicht günstiger weg. „Mittelfristig werden wir etwa 500 Euro für eine Strecke verlangen, das ist bei unseren Konditionen immer noch sehr attraktiv“, sagt Schramböck.

Für die beiden Gründer ist JetClass schon das zweite Projekt im Bereich Aviation. Wagis Ali und Vladislav Zenov sind Flugenthusiasten und hatten zunächst eine Plattform für Charterflüge entwickelt. Der Ingenieur und der Vertriebsspezialist sammelten Jahre lang in der Branche Erfahrungen, ehe sie sich an eigene Projekte wagten. Studiert haben beide in Wien, auch die Zentrale von JetClass sitzt mitten in der Wiener Innenstadt. Eine Niederlassung gibt es seit neuestem in Dubai: Dorthin wollen die jungen Gründer demnächst expandieren. „Am Golf gibt es einen riesigen Bedarf für kurze und bequeme Geschäftsflüge. Zum Beispiel zwischen Dubai und Riad“, sagt Schramböck.

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