Eigentlich dürfte es den e.Go Life gar nicht geben. Das kleine Elektroauto ist innovativ, elektrisch, klein, und günstig. Und der e.Go Life 60 entstand in Aachen. Dort wird er ab diesem Sommer auch in Serie gebaut – in einem eigens dafür errichtetem Werk. Ein Märchen? Nein, Realität.

Den Viersitzer gibt es ab Ende des Jahres für mindestens 15.900 Euro – minus 4.000 Euro Umweltprämie. Nur 3,34 Meter misst der e.Go Life, zählt damit zu den kürzesten Autos auf deutschen Straßen. Allein das ist schon eine Sensation. Doch nicht nur der Life ist neu, sondern die ganze Firma e.Go Mobile AG.

Der Kopf dahinter ist Günther Schuh, Professor für Produktionssystematik an der RWTH Aachen und in der Elektroszene kein Unbekannter. 2010 gründet er die Streetscooter Research GmbH und entwickelt gemeinsam mit seinem Kollegen Professor Achim Kampker und 80 Partnern einen elektrischen Lieferwagen für den Kurzstreckenverkehr. Innerhalb von 18 Monaten bauten die Ingenieure einen Kleinwagen, stellten ihn 2011 vor. Daraus entstand in kürzester Zeit ein Stadt-Lieferwagen.

„Ein Elektroauto ergibt nur in der Stadt richtig Sinn“

Der Streetscooter kam gut an, die Post kauft erst die Fahrzeuge und 2014 dann das ganze Unternehmen. Günther Schuh machte ein paar Monate Pause und überlegte sich dann, einen strombetriebenen Kleinwagen zu entwickeln. „Ein Elektroauto ergibt nur in der Stadt richtig Sinn“, sagt Schuh.

Eigentlich hätte der e.Go Life schon vor einigen Monaten auf den Straßen fahren sollen. Probleme mit Zulieferern und Abnahmeprozessen durchkreuzten die Pläne der Firma. Im Juli folgte die Werkseröffnung, in ein paar Wochen sollen die ersten Fahrzeuge montiert werden. Die ersten Kunden können dann Ende des Jahres ihre Autos in Empfang nehmen.

Der Antrieb der ersten Fahrzeuge funktioniert schon einwandfrei, wie ein Besuch in der Fabrik zeigt. Mit einem leichten Tritt aufs rechte Pedal fängt der Motor hochfrequent an zu summen. Von 0 auf 50 km/h vergehen nur 3,4 Sekunden. In der Stadt wird dieser Kleinstwagen damit keinen Ampelstart verlieren.

Ganz fertig ist das Vorserienfahrzeug allerdings noch nicht: Beim Einsteigen fällt auf, dass die Arretierung der Türen fehlen. Ein paar Späne liegen auf den Trittbrettern, die Folie auf den Türen wirft an den Ecken kleine Blasen. Die Materialien sind funktional, fühlen sich aber nicht hochwertig an. Dafür passen die Spaltmaße des Armaturenbretts, die Bedienung erfolgt intuitiv.

Der e.Go Life überzeugt bei der Probefahrt

Ein paar Runden auf dem Aachener Werksgelände um die neue Halle 1, dort, wo der Life bald gebaut wird, zeigt, dass die Abstimmung stimmt. Mit bis zu 60 km/h flitzt der Stromer um die Kurven, benötigt nur wenig Lenkkorrekturen. Die Federung arbeitet straff, aber nicht hart. Nur die Lenkung verlangt viel Kraft – die Servounterstützung ist noch deaktiviert. Beim Lupfen des Pedals setzt sofort hart die Rekuperation ein, summt deutlich mit. Auch der Bremspedaldruck verändert sich bei unterschiedlichen Geschwindigkeiten. Lediglich Abstimmungsarbeiten, die nach Aussage eines Mitarbeiters bald geändert werden.

Was schon feststeht, sind die technischen Daten: Je nach Batterie wiegt der Zweitürer zwischen 880 und 950 Kilogramm. Die fassen abhängig von der Version zwischen 14,9 kWh und 23,9 kWh. Im NEFZ reicht das für 121 bis 184 Kilometer, im realen Fahrbetrieb noch für eine Strecke zwischen 104 und 158 Kilometern. Die Topversion Life 60 (ab 19.900 Euro) fährt auf der Autobahn bis zu 152 km/h schnell. Das spartanische Cockpit beinhaltet ein Infotainmentsystem von JBL (1.200 Euro), ein Bedienelement für die Klimaanlage (1.700 Euro) sowie das Infodisplay hinter dem Lenkrad.

Trotz der geringen Maße bietet der Life viel Platz selbst für Erwachsene. Nur der Kofferraum wirkt mit 140 Liter Fassungsvermögen mickrig, bei umgeklappten Lehnen sind es aber immerhin 680 Liter. Für einen City-Flitzer scheint das zu reichen, viele Interessenten haben einen Life schon vor Monaten bestellt. Das Konzept kommt an: Ein günstiges und kompaktes Stadtauto, das rein elektrisch fährt.

Klingt simpel, hat aber einen Haken. „Es heute nicht mehr schwer, ein Elektroauto zu bauen. Es ist aber schwer, ein günstiges Elektroauto zu bauen“, sagt Schuh bei der Eröffnung des Werks. Dem Professor kam mit einigen Partnern 2015 die Idee zur e.Go Mobile AG. Dabei sollten nicht Fahrzeug-Ingenieure und Designer festlegen, wie das künftige Auto auszusehen hat, sondern die Produktionsplaner.

Sie griffen bei der Entwicklung auf schon bestehende Komponenten von Zulieferern wie Hella, Bosch oder ZF zurück, um Entwicklungskosten zu sparen. E.Go entwickelte nur Teile, die es auf dem Markt noch nicht gab. Der Spaceframe-Rahmen besteht aus Aluminium, die Hülle aus Thermoplast. Eine aufwendige Lackierung und Rostschutz entfallen. Die Auswahl an Sonderausstattung bleibt bescheiden. Das verschlankt Produktion und Abläufe. Gewartet und gepflegt werden die Autos bei den Bosch-Car-Service-Stationen, und auch das Ersatzteillager und die Logistik organisiert Bosch.

Auf dem ehemaligen Philips-Gelände Rote Erde in Aachen, wo früher TV-Röhren entstanden, werden 140 Mitarbeiter die Autos auf 29 Montagestationen zusammensetzen, 2019 sollen es 10.000 Autos werden. Nach 42 Designänderungen war e.Go Life fertig, für den Endschliff sorgte ein italienischer Designer. „Ein Auto muss schön sein, auch ein vernünftiges, sonst kauft es keiner“, meint der Professor. Funktionalität über alles funktioniert halt nur begrenzt.

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