Während sich die potenziellen Jamaika-Koalitionäre in Berlin streiten und die Teilnehmer des Klimagipfel in Bonn intensiv verhandeln, platzt eine Nachricht in die Diskussionen, die beiden Veranstaltungen neuen Schwung verleihen dürfte: „Der Großteil der Kohlekraftwerke hat heute eine belastende Wirkung auf das Netz.“ Nicht etwa ausgemachte Kohlegegner schreiben das, nein, die Einschätzung kommt aus dem Bundeswirtschaftsministerium.

Die Leistungsfähigkeit der Netze seien die größte Herausforderung für die Versorgungssicherheit. Im Vergleich dazu stelle sich die Situation am Strommarkt „überaus entspannt“ dar. Würden etwa Kraftwerke mit einer Kapazität von sieben Gigawatt stillgelegt, stelle eine „Dunkelflaute“ ohne Sonne und Wind keine Gefahr dar, heißt es in dem Papier, das zusammen mit der Bundesnetzagentur verfasst wurde. Selbst dann, wenn der Ausstieg schon 2020 erfolge.

Braunkohlemeiler sind umstritten, weil sie große Mengen an klimaschädlichem Kohlendioxid ausstoßen. Zudem lassen sie sich nicht flexibel regeln. Daher verstopfen die Kraftwerke bei guten Wind- oder Sonnenverhältnissen und bei sinkender Nachfrage schnell die Netze – das kritisieren Gegner der Kohleverstromung schon seit Jahren. Nun Zustimmung von höchster Stelle? Nicht ganz, in einem Tweet ruderte das Ministerium ein Stück zurück:

Das Papier dürfte die Koalitionsverhandlungen für CDU, CSU und FDP dennoch schwieriger gestalten. Die drei Parteien hatten größere Veränderungen auf dem Strommarkt bislang vermeiden wollen, auch auf Kosten der selbst gesteckten Klimaziele. An den Gesprächen hatte auf der Seite der Grünen Energie-Staatssekretär Rainer Baake aus dem Wirtschaftsministerium teilgenommen. Der soll das Papier gemeinsam mit Bundesnetzagentur-Vize Peter Franke eingebracht haben, schreibt der Journalist Malte Kreutzfeldt bei Twitter. Darauf antwortete dann auch die Bundesnetzagentur:

Doppelter Druck für die potenziellen Koalitionspartner der Grünen: Heute wurde bekannt, dass sich ein Großteil der Wähler einen sofortigen schrittweisen Kohleausstieg wünscht. (Das berichtet die Zeit.) Immerhin 70 Prozent der FDP-Wähler und 75 Prozent der Unions-Wähler. Die Parteivertreter gaben bislang an, eine von den Grünen geforderte Abschaltung derjenigen 20 Braunkohle-Kraftwerksblöcke mit den größten Emissionen könnte die Versorgungssicherheit gefährden. Schon im Oktober hatte die Bundesnetzagentur allerdings festgestellt, „dass die Integration der erneuerbaren Energien im Strommarkt derzeit ohne eine Anpassung der Stromnachfrage gelingt und dass darüber hinaus ein erhebliches Flexibilitätspolster besteht.“

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