Thermische Kraftwerke verbrauchen große Mengen an Wasser, um ihre Prozessanlagen zu kühlen. Allein in Deutschland sind es 13,6 Milliarden Kubikmeter. Werden aufgrund des Klimawandels die Sommer heißer und trockener, haben die Kraftwerke ein Problem. Bei Wassertemperaturen über 23 Grad oder bei zu niedrigen Wasserständen in den Flüssen, dürfen Kraftwerke in Europa aufgrund gesetzlicher Bestimmungen nur noch begrenzte Mengen Kühlwasser aus Gewässern entnehmen.

Forscher des „Massachusetts Institute of Technology“ (MIT) haben für dieses Problem ein interessantes System entwickelt: Sie fangen die Feuchtigkeit des Wasserdampfs auf, der von dem Kühlwasser übrig bleibt. Den Dampf lassen sie durch ein sehr feinmaschiges Netz aufsteigen, an dem sich Wassertropfen sammeln. Das Prinzip ist an sich keine neue Idee: Vereinzelt kommt ein ähnliches System schon in Regionen, in denen es vor allem in den Morgenstunden neblig ist, zum Einsatz. Doch dort ist das Wasser-Recycling noch eine mühsame Angelegenheit. Der Wirkungsgrad liegt lediglich bei einem, höchstens bei drei Prozent.

Jährlich 560.00 Kubikmeter Wassereinsparung pro Kraftwerk

Die MIT-Wissenschaftler um Maher Damak und Kripa Varanasi haben die Technik jetzt deutlich verbessert. Sie hängen ein kuppelförmiges Netz am Kühlturm eines Kraftwerks auf. Aufsteigende Wassermoleküle versuchen normalerweise, Hindernissen auszuweichen, was verantwortlich für den geringen Wirkungsgrad ist. Um das zu verhindern, haben die Wissenschaftler sich einen Trick überlegt: Sie „beschießen“ den Wasserdampf mit einer Ionenstrahlung. Elektrisch aufgeladen werden die Wassermoleküle von dem Netz regelrecht angezogen, was den Wirkungsgrad auf bis zu dreißig Prozent deutlich erhöht.

Die Tropfen fließen in ein Auffangbecken und können im Kraftwerk wiederverwendet oder an das Wasserversorgungssystem einer Stadt angeschlossen werden. Nach Berechnungen von Varanasi könnten auf diese Weise 20 bis 30 Prozent des Wasserverlustes von Kühltürmen wieder genutzt werden. Bei einem typischen 600-Megawatt-Kraftwerk sind das immerhin 560.000 Kubikmeter Wasser pro Jahr.

Zweitnutzung als Entsalzungsanlage

Wird Meerwasser zur Kühlung genutzt, ist das Wasser anschließend sogar frei von Salz. Das System ist damit auch eine umweltfreundliche und vor allem energiesparende Meerwasserentsalzungsanlage, die zudem wesentlich günstiger als eine herkömmliche Entsalzungsanlage ist. Damak und Varanasi schätzen, dass die Installationskosten für eine solche Umstellung etwa ein Drittel der Kosten des Baus einer neuen Entsalzungsanlage betragen und dass die Betriebskosten bei etwa zwei Prozent der Kosten üblicher Anlagen liegen. Die Amortisationszeit für die Installation eines solchen Systems würde laut Varanasi etwa zwei Jahre betragen.

Damak und Varanasi sind von dem System so überzeugt, dass sie für die Technik das Start-up Infinite Cooling gründeten. Beim Rice Businessplan-Wettbewerb in Houston, einem der größten Start-up-Wettbewerbe des Landes, belegten sie den ersten Platz unter den 42 Konkurrenten und erhielten fast 500.000 Dollar Preisgeld.

Jetzt muss die Anlage nur noch die Kraftwerksbetreiber überzeugen. Um die Technik zu demonstrieren, wird das Netz bei einem zum MIT gehörenden Erdgas-Blockheizkraftwerk installiert und soll dann den Betreibern zeigen, wie sie Wasser sparen können. Und das ist auch bitter nötig: Kraftwerke sind in den USA der größte Wasserverbraucher – 39 Prozent der gesamten Süßwasserentnahmen gehen auf ihr Konto.

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