E.ON steht in den Startlöchern: 16.000 zertifizierte Smart Meter Gateways hat der Essener Energieversorger bei der Power Plus Communications AG (PPC) bestellt. Nur der erste Schritt. „Im Rollout werden wir deutlich mehr benötigen“, sagt Paul-Vincent Abs, Geschäftsführer der E.ON Metering Geschäftsführung, in einer Mitteilung.

Smart Meter könnten der Energiewende einen neuen Schub geben: Sie sollen das Laden von Elektroautos steuern, ein Haus smart machen und neue Geschäftsmodelle mit dem Strom ermöglichen. So die Hoffnung der Bundesregierung, die damit rechnet, dass durch das seit September 2016 geltende Gesetz zur Digitalisierung der Energiewende Investitionen in Höhe von zehn Milliarden Euro ausgelöst werden.

Die intelligenten Zähler haben allerdings ein Problem: Sie können gehackt werden. Dreh- und Angelpunkt des intelligenten Messsystems ist das Smart Meter Gateway mit integriertem Sicherheitsmodul. Es ist die zentrale Komponente, die Messdaten von Zählern empfängt, speichert und diese für Marktakteure aufbereitet. Das Gateway regelt den gesamten Datenaustausch des intelligenten Stromzählers.

Das könnte das Einfallstor für digitale Kriminelle sein. Das hat die Bundesregierung zu spät erkannt. Denn wer das Gateway beherrscht, beherrscht die Wohnung und auch das Netz. Werden mehrere tausend Haushalte vom Netz genommen, führt das zu Netzschwankungen und im schlimmsten Fall zum Blackout.

Einführung von Smart Metern verzögert sich

Bisher ist alles nur eine Theorie. Die Smart Meter gibt es noch nicht. Jedenfalls nicht die zertifizierten. Doch über die sollen die Smart-Home-Dienste laufen. Wann der erste intelligente Zähler beim Kunden an der Wand hängt, ist noch offen. Die Zertifizierung ist ein langer und aufwendiger Prozess, der von Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) geregelt wird.

Die massenweise Auslieferung verzögert sich seit Jahren. Jetzt will die Bundesregierung die Ursachen herausfinden und rechtliche und wirtschaftliche Möglichkeiten der digitalen Vernetzung aufzeigen. Dafür soll die Beratungs- und Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ernst & Young (EY) ein „Barometer Digitalisierung der Energiewende“ entwickeln. Untersucht wird alles, was mit Smart Metering, Smart Home, Smart Grid und Smart Mobility zu tun hat. Welche Geschäftsmodelle entstehen können, welche Hemmnisse es gibt, was die Verbraucher wollen und wie es mit der Kommunikationsinfrastruktur aussieht.

Die Zertifizierung ist nicht die einzige Bremse beim Rollout. „Nicht alle Messstellenbetreiber sind davon begeistert und treiben es voran“, so Helmut Edelmann, Director Utilities bei EY. Denn mit dem Gateway verändert sich alles. Auch die Macht über die Daten. Bisher liegt sie bei den Verteilnetzbetreibern. In Zukunft soll sie auf mehrere Marktteilnehmer verteilt werden.

Sternförmige Kommunikation

Wer welche Daten erhält, regelt das Gateway. Genauer gesagt, der Gateway-Administrator, der für die Einrichtung, Konfiguration, Installation und den Betrieb von intelligenten Messsystemen verantwortlich ist. Sternförmige Kommunikation wird diese Aufteilung genannt und ist nicht bei allen Verteilnetzbetreibern beliebt. Edelmann: „Es ist ein kompletter Systemwechsel und erfordert einen Umdenkungsprozess. Das führt zu Verzögerungen.“

Das Gateway soll nicht nur die Netze steuern und den Ausbau der Smart Homes voranbringen. Auch die Elektromobilität könnte dadurch neuen Schwung bekommen. Mit dem Gateway können Ladesäulen-Betreiber besser abrechnen. Der Autofahrer kann unkompliziert an jeder Ladesäulen tanken. Die Abrechnung erfolgt im Hintergrund. Das Bündel von Ladekarten entfällt.
Smart Meter ist ein Hoffnungsträger der Energiewende. „Es gibt Visionäre und Kritiker“, so Edelmann. „Wir wollen die Verbindung zwischen beiden schaffen und dazu beitragen, dass mit kleinen Schritten angefangen wird, damit Visionen Realität werden und die Dinge sich langsam aber stetig entwickeln.“

Die Zeit wird langsam knapp. Bis 2020 sollen laut EU-Vorgabe insgesamt 80 Prozent aller Haushalte mit Smart Meter ausgestattet sein. Unterschätzt wurde in Deutschland der lange Weg dahin. Ende des Jahres will Discovergy die Zertifizierung abgeschlossen haben.

Discovergy ist einer von neun Herstellern, die zurzeit den Zertifizierungsprozess durchlaufen und sich von dem Rollout genau wie Mess-Stellenbetreiber ein lukratives Geschäft versprechen. Noch sitzt Geschäftsführer Nikolaus Starzacher über der umfangreichen Dokumentation, die er mühsam abarbeitet. Einen niedrigen einstelligen Millionenbetrag wird ihn die Zertifizierung kosten.

Auch wenn PPC als erster Anbieter in diesem Jahr ein zertifizierten Smart Meter auf den Markt bringt – das richtige Rollout wird nach Branchenmeinung erst im kommenden Jahr erwartet. „Alle warten darauf, dass es endlich losgeht. Wir sind erst mal zufrieden, wenn es in diesem Jahr startet“, erklärt Karsten Wiedemann, Sprecher des Bundesverbandes Neue Energiewirtschaft.

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