In Frankreich tut man sich noch schwer mit den erneuerbaren Energien. Die Vorstellungen unserer Nachbarn bleiben im Bereich sauberer Strom in der Regel bei der Atomkraft hängen. Deshalb wundert es keinen Autofahrer auf der Urlaubsreise gen Süden, wenn entlang der A7 auf der berühmten Autoroute du Soleil selbst im windverwöhnten Rhonetal gerade einmal eine Handvoll Windrotoren zu entdecken sind. Dass man kurz vor der Stadt Orange eine recht ungewöhnliche Groß-Solaranlage, die soviel Leistung abgibt wie jene fünf Windräder, schnell mal übersieht, hat allerdings einen anderen Grund: Sie schwimmt drei Kilometer abseits der Autobahn auf einem Baggersee.

Die Montagearbeiten haben Ende September begonnen. Auf mehr als 17 Hektar Fläche (rund 25 Fußballfelder) werden über 46.000 Module saubere Energie für nach Unternehmensberechnungen etwa 4700 Haushalte erzeugen. Errichtet wurde das Projekt „O’Mega 1“ von Akuo Energy, Frankreichs aktuell führendem Erzeuger von Energie aus erneuerbaren Quellen. Zur Realisierung der Großanlage startete Akuo neben der Inanspruchnahme von normalen Bankkrediten auch eine Crowd-Finanzierung. Die „Marianne d’Or“, eine bedeutende französische Nachhaltigkeits-Auszeichnung, bekam man gerade dazu.

Auf Wasser herrscht weniger Konkurrenz um Platz

Warum eine schwimmende Photovoltaik? „Wollte man eine so große Anlage in der Fläche bauen, müsste man diese natürlich pachten“, erklärt Michael Katz als Sprecher von Trina Solar, das die PV-Module geliefert hat. „Und man würde sich auch dem Konflikt zwischen energetischer und landwirtschaftlicher Nutzung stellen müssen.“ Auf dem Wasser sind die Hürden wesentlich kleiner – vorausgesetzt, es handelt sich um stehende Gewässer ohne Strömung. Flüsse oder gar Meeresbuchten seien indiskutabel, sagt Katz. Auf dem See aber habe die Groß-PV durch die Abschattung möglicherweise sogar positive Effekte auf Fauna und Flora.

Die Technik muss spezielle Anforderungen erfüllen. Allein die Nähe von Strom und Wasser bedingt, dass vor allem die Isolierung von Modulen und Kabeln über 20 Jahre oder länger nicht schadhaft werden darf. Die Panels erfüllen dies durch Doppelglasflächen, die auf Dichtigkeit und Hagelschlag getestet wurden – unter anderem vom TÜV Rheinland. Alle Unterwasserkabel entsprächen jener Ausführung, wie sie auch bei Offshore-Windparks und deren Landanbindung gebräuchlich sei. Und natürlich muss auch die schwimmende Ponton-Unterkonstruktion dauerhaft den Kopf über Wasser halten.

Kombination aus Solaranlage und Wasserkraftwerk

Mit ihrer 17-MW-Spitzenleistung ist die schwimmende Photovoltaik-Anlage im Örtchen Piolenc die größte ihrer Art in Europa – aber natürlich kein Pionier mehr. Weltweit hat sich die auf Wasser installierte Leistung innerhalb von vier Jahren auf 1100 MW mehr als verhundertfacht, vor allem in Südostasien. Das Solarforschungsinstitut Singapur schätzt das Potenzial dieser Spielart auf bis zu 400.000 MW. Dort sieht man beispielsweise die Möglichkeit, die Wasserkraftwerke von Stauseen mit der Floating-Technologie zu ergänzen. Die Kühlwirkung des Wassers ermögliche höhere Modulleistung, umgekehrt würden die Panels das Verdunsten des kostbaren Wassers bremsen.

Das sogenannte Floating Solar kostet derzeit noch etwas mehr als Sonnenstrom von der Freifläche. Auch gibt es noch keine langjährige Erfahrung mit den verschiedenen Komponenten. Dagegen erkennt Ricardo Puliti, leitender Direktor für Energie bei der Weltbank, „enorme Vorteile für Regionen, in denen das Land stark beansprucht wird oder die Stromnetze schwach sind.“ In vielen Ländern Afrikas, Asiens und Lateinamerikas sehe man nun Interesse von Regierungen und Investoren: „Floating Solar wird ein größerer Teil dieser Länderpläne zum Ausbau der erneuerbaren Energien.“

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