Ein Leben ohne Netzanschluss und Stromrechnung: Für eine Familie aus Essen ist dieser Traum wahr geworden. Das Ehepaar mit ihren drei Kindern sind keine Rebellen. Sie sind einfach nur technisch interessiert. Eine PV-Anlage auf dem Dach, ein Speicher im Keller und ein Elektroauto vor der Tür. So funktioniert die Stromunabhängigkeit.

Klingt einfach. Ist es aber nicht. Die Batterie ist mit 30 Kilowattstunden drei Mal so groß wie eine Standardbatterie. Die Ladesäule für das Elektroauto funktioniert bidirektional. Kein Standardmodell. Es stammt von einem Hersteller aus der Schweiz. Ladesäulen können bisher meist nur Strom ins Auto fließen lassen. Umgekehrt ist das noch unüblich. Ist in diesem Fall aber wichtig, da bei schlechtem Wetter die Batterie aus dem Auto das Haus mit Strom versorgt.

Das E-Auto ist auch nicht von der Stange. Der Nissan eNV 200, ein elektrischer Van, hat eine Brennstoffzelle unter dem Kofferraum, die Methanol als Energieträger verwendet und bei längeren Fahrten als Reichweitenverlängerer dient. Eine Tankladung reicht so für mehr als 500 Kilometer.

Energieautarkes Haus
So sieht das Haus schematisch aus.
© Copyright Innogy

Die Idee dazu kam von Netzbetreiber und Energieanbieter Innogy. Für Projektleiter Jens Kanacher gehe es darum, „zu verstehen, was in Zukunft technisch möglich ist. Wir wollen neue Technologien kennenlernen, die wir für vielversprechend halten.“ Bidirektionales Laden hat aus seiner Sicht auf jeden Fall Potenzial. Ob sich Einfamilienhäuser so tatsächlich vom Stromanbieter abkoppeln können, könne er aber auch noch nicht beantworten.

Möglich ist es. Zwar läuft das Projekt erst seit September und die Stromleitung wurde noch nicht vollständig gekappt. Schließlich soll die Familie nicht im Dunkeln sitzen, wenn die Technik noch ein paar Kinderkrankheiten hat. Erst im Frühjahr des kommenden Jahres wird es ernst, wenn die Stromleitung abgetrennt wird und Solaranlage, stationäre Batterie und Auto eine perfekte Einheit bilden müssen.

Software steuert das System

Und so funktioniert es: Über ein Prognosesystem wird der zu erwartende Strom der PV-Anlage ermittelt. Ein intelligentes Energiemanagementsystem entscheidet, ob überschüssige Energie in der Batterie im Keller oder im Auto gespeichert wird. Reicht der Strom vom Dach nicht aus, produziert die Brennstoffzelle aus dem Auto Strom und versorgt damit das Haus. Damit das funktioniert, ist eine vehicle-to-home-Funktion notwendig. Entwickelt wurde sie gemeinsam vom dem Dresdner Start-up Kiwigrid und Innogy.

Methanol in einer Brennstoffzelle zu verstromen ist nicht neu. Ansätze hatte vor längerer Zeit schon mal Mercedes. Umgesetzt wurde es nicht. Was vielleicht an der geringen Energiedichte liegt, die nur etwa halb so groß wie die von Benzin und Diesel ist. Im Vergleich zu Wasserstoff schneidet Methanol auf den ersten Blick auch nicht so gut ab. Es hat aber ein paar Vorteile: Es kann genau wie Wasserstoff sehr einfach hergestellt werden. Das Methanol wird aus Wasser und CO2 gewonnen, das aus der Luft abgeschieden wird. Der dafür benötigte Strom stammt einem Wasserkraftwerk von Innogy.

Aber: Methanol ist bei Umgebungsdruck flüssig und kann damit so einfach wie Benzin und Diesel transportiert und vor Ort getankt werden. Wasserstoff dagegen ist ein hochflüchtiges Gas, was für den Transport komprimiert und in Speziallaster befördert werden muss. Für Kanacher wichtig, denn ein grüner Energieträger müsse nicht unbedingt in Deutschland hergestellt werden. „Strom aus Sonne kann in andern Ländern viel effektiver produziert werden. Umgewandelt in Methanol kann er günstig transportiert werden“, erklärt der Ingenieur.

Für den Einsatz im E-Auto wird ein Trick genutzt. Verwendet wird eine herkömmliche PEM-Brennstoffzelle, in der aus Wasserstoff Strom entsteht. Nur dass diese mit einem Reformer ergänzt wurde, der zuerst Methanol in Wasserstoff verwandelt. Zwar gebe es auch Methanolbrennstoffzellen (DMFC), die seien in dieser Leistungsklasse aber technisch nicht so weit entwickelt, erklärt Kanacher.

Die Herausforderung lag ohnehin eher im Zusammenspiel der Komponenten, die nachweisbar sicher funktionieren müssen. Kanacher nennt es „eine große Summe an Kleinigkeiten.“ Hinzu kamen bürokratische Hürden. Es gab keine Zulassungsbestimmung für das Fahrzeug oder die Methanol- Tankstelle, die Innogy auf dem Firmengelände in Essen aufbaute. „Die Genehmigungen zu erarbeiten, war sehr aufwändig.“ Und ob es sich flächendeckend durchsetzt, ist fraglich – Methanol dürfte als Treibstoff für Range-Extender nicht erste Wahl werden. Interessant wird dies in Lkw und vor allem in der Schifffahrt, wo es das größte Interesse gibt. Kanacher ist überzeugt: „Der Treibstoff Methanol könnte in Zukunft ein wichtiger Baustein für eine klimaschonende Mobilität sein.“

Hinweis: Innogy ist Partner von Edison. Dieser Text ist nicht im Rahmen dieser Kooperation, sondern redaktionell unabhängig entstanden.

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1 Kommentar

  1. fred stecher

    haalo frau schmid
    mein name ist fred stecher – ich hab gestern ihren artikel „methanol macht das auto zum kraftwerk“ aus dem jahr 2017- über die familie in essen gelesen-
    da wir selber gerade überlegen mit einer methanol brennstoffzelle zu arbeiten würde ich gerne mit dieser familie in kontakt treten – könnten sie mir entweder die kontaktdaten zukommen lassen oder der familie meine übersenden – mit der bitte mit mir kontakt aufzunehmen – würde mich im wahrsten sinnes des wortes „brennend“ interessieren welche erfahrungen sie in den letzten 3-4 jahren gemacht haben
    danke für ihre bemühungen und ihren einsatz in sagen energiewende
    mfg fred stecher

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