Schon länger war es klar, jetzt ist Deutschlands Rückstand beim Klimaschutz auch offiziell: Das Kabinett hat am Mittwoch den Klimaschutzbericht 2017 beschlossen, der sich mit Wunsch und Wirklichkeit beim CO2-Sparen beschäftigt. Den jüngsten Berechnungen zufolge wird die Bundesrepublik das selbst gesetzte Ziel um voraussichtlich acht Prozentpunkte verpassen. Ziel war es, bis 2020 den Ausstoß von Treibhausgasen im Vergleich zu 1990 um 40 Prozent zu senken. Derzeit scheinen nur 32 Prozent Ersparnis möglich.

„Gründe hierfür sind unter anderem die in den vergangenen Jahren unerwartet dynamische Konjunkturentwicklung sowie das unerwartet deutliche Bevölkerungswachstum“, heißt es im Bericht. Bis 2017 waren den Zahlen des Umweltbundesamts zufolge 28 Prozent geschafft. Während etwa in der Energiewirtschaft der CO2-Ausstoß deutlich zurückgeht, tut sich im Bereich Verkehr bisher wenig.

„Zu große Versäumnisse in der Vergangenheit“

„In der Klimapolitik hat es in den vergangenen Jahrzehnten Versäumnisse gegeben, die man nicht in kurzer Zeit wiedergutmachen kann“, teilte Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) mit. „Wir müssen dringend wieder auf Kurs kommen und unser 40-Prozent-Etappenziel so schnell wie möglich erreichen.“

Allerdings gibt es dazu bisher kaum konkrete Vorschläge der Bundesregierung. Von Ende Juni an soll eine Kommission über den Ausstieg aus dem klimaschädlichen Kohlestrom beraten und darüber, wie man dem 2020-Ziel möglichst nahe kommt – Ergebnisse sollen Ende des Jahres vorliegen. Eine ähnliche Kommission für den Verkehr, die auch im Koalitionsvertrag angekündigt ist, sei kein Thema im Kabinett gewesen, sagte Schulze.

Die einzig konkret angekündigte Sofortmaßnahme für den Klimaschutz, ein schnellerer Ausbau von Wind- und Sonnenstrom, steckt fest: SPD und Union streiten sich um die sogenannten Sonderausschreibungen, ein entsprechendes Gesetz von Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) wird wohl nicht wie geplant vor der Sommerpause verabschiedet.

„Der Verkehr muss jetzt liefern“

Zudem werfen Umweltschützer Altmaier vor, in Brüssel bei neuen EU-Zielen für Ökostrom und Energieeffizienz zu bremsen. Er wies das am Mittwoch auf Twitter als „unwahr und falsch“ zurück. Dagegen sagte SPD-Fraktionsvize Matthias Miersch, es sei „unverantwortlich“, wenn Altmeier den Ausbau der erneuerbaren Energien national und in der EU verzögere.

Umweltverbände sprachen von einem „klimapolitischen Offenbarungseid“, einem „Armutszeugnis“ und einer „Bankrotterklärung“. Der BUND kritisierte, die Zahlen seien bereits veraltet, man müsse mit einer Lücke von zehn Prozentpunkten rechnen. Die Energiewirtschaft hob hervor, dass sie beim CO2-Sparen „Spitzenreiter“ sei, während etwa beim Verkehr wenig passiere. „Der Verkehr muss jetzt endlich auch liefern, statt nur in Abwehrhaltung zu verharren“, forderte Stefan Kapferer vom Bundesverband BDEW.

Grünen-Chefin Annalena Baerbock sagte, der Bericht könne „nur als Auftrag an die jüngst eingesetzte Kohlekommission verstanden werden.“ Kohlekraftwerke müssten schnell abgeschaltet werden. Der Linke-Politiker Lorenz Gösta Beutin, kritisierte, der Regierung fehle der Mut, „den großen Energiekonzernen, Autobauern, Agrobusiness und Immobilienunternehmen Klimaschutz per Gesetz vorzuschreiben.“

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