Bereits 2018 hatte die Fraktion der Grünen vorgeschlagen, den Klimaschutz in Artikel 20a des Grundgesetzes aufzunehmen. Damals scheiterte der Vorstoß im Bundestag – auch am Widerstand der CSU. Jetzt hat Markus Söder eine Kehrtwende vollzogen: Gegenüber der Süddeutschen Zeitung hat sich der bayerische Ministerpräsident und CSU-Vorsitzende dafür ausgesprochen, den Klimaschutz als verpflichtende Staatsaufgabe im Grundgesetz zu verankern. „Wir stehen vor einer Jahrhundertaufgabe, daher brauchen wir auch einen Jahrhundertvertrag“, begründete er seinen Sinneswandel. Er wolle dabei andere politische Parteien und alle politischen Ebenen – wie Länder und Kommunen – einbinden. Auch damit niemand aus dem „Staatsvertrag“ parteipolitisch Kapital schlage und es keine Klimawahlkämpfe gebe, so Söder weiter.

Das sind aber nicht die einzigen Vorschläge des Ministerpräsidenten, die sich als Reaktion auf die Erfolge der Grünen bei den vergangenen Wahlen und in den Umfragen verstehen lassen. So hat er in der „Welt am Sonntag“ vorgeschlagen, den Mehrwertsteuersatz auf Bahntickets im Fernverkehr von derzeit 19 Prozent „so weit wie möglich“ zu reduzieren, um so die Eisenbahn attraktiver gegenüber Inlandsflügen zu machen. Und den Kohleausstieg will er massiv beschleunigen, eigentlich müsse er bereits 2030 erfolgen, sagte er gegenüber dem „Münchner Merkur“. Die zuständige Kohledatum hatte sich nach zähen Verhandlungen eigentlich auf das Jahr 2038 festgelegt.

Süddeutsche Koalition der Interessen
Der bayerische Ministerpräsident und CSU-Chef Markus Söder (r. ohne Krawatte) und der baden-württembergische Amtskollege Winfried Kretschmann (mit Krawatte) von den Grünen bei der gemeinsamen Kabinettssitzung beider Landesregierungen. Söder sagte, beide Seiten wollten ihre „Kräfte bei der Batterieforschung und der E-Mobilität noch stärker bündeln“.
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Das schwarze Bayern und das grüne Baden-Württemberg kooperieren bei der Batterieforschung

In Bayern will Söder mit gutem Beispiel vorangehen, das Bundesland solle als erstes in Deutschland klimaneutral werden, und zwar noch vor 2050. Über dazu nötige Maßnahmen werde die Staatsregierung in ihrer morgigen Kabinettssitzung diskutieren, berichtet die „Süddeutsche Zeitung“. Dabei gehe es unter anderem um mehr Photovoltaik-Anlagen auf Freiflächen und den Ausbau der Windkraft. Und selbst der eigene Fuhrpark der Landesregierung soll umgestellt werden weg von den Verbrennern.

Wie weit Söder bereit ist, auf die Grünen – im Wortsinne – zuzugehen, zeigte eine gemeinsame Kabinettssitzung der Regierungen von Baden-Württemberg und Bayern vergangenen Woche in Meersburg am Bodensee, an der auch der grüne Ministerpräsident Winfried Kretschmann teilnahm. Dort vereinbarten die beiden Landeschefs unter anderem ein süddeutsches Netzwerk für die Batteriezellforschung und -fertigung einzurichten – auch aus Verärgerung über die Entscheidung des Bundesforschungsministerium, seine Fördermittel in diesem Bereich auf das nordrhein-westfälische Münster zu konzentrieren. Söder und Kretschmann wollen auch einen Gesetzentwurf in den Bundesrat einzubringen, um den Ausbau von privaten Lademöglichkeiten in Mietshäuser zu erleichtern. Heute erschwert das geltende Wohnungseigentums- und Mietrecht das noch. Auch beim Umwelt-, Natur- und Klimaschutz vereinbarten sie gemeinsame Vorhaben.

So viel Harmonie zwischen Grünen und CSU war selten.

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