Die Hamburger Hochbahn hat bereits 20 Exemplare geordert, die Berliner Verkehrsbetriebe in einem ersten Schritt eine Flotte von 15 Bussen bestellt: Noch vor dem offiziellen Start der Serienproduktion zum Jahresende und vor der anstehenden Erprobung der Fahrzeuge bei den Verkehrsbetrieben Rhein-Neckar ist der elektrisch angetriebene Stadtbus Citaro E-Cell von Mercedes ein Verkaufsschlager.

Die öffentliche Diskussion über die Luftverschmutzung an den Durchgangsstraßen und die drohenden Fahrverbote für dieselgetriebene Fahrzeuge lassen den Verkehrsbetrieben in Deutschland keine andere Wahl, als ihren Fuhrpark nach und nach zu elektrifizieren. „Im Jahr 2030 verfügen 70 Prozent aller neu zugelassenen Stadtbusse über einen emissionsfreien Antrieb“, prognostiziert beispielsweise Gustav Tuschen, Entwicklungsleiter von Daimler Buses und Mitglied der Geschäftsführung von EvoBus.

Aber mit der Bestellung von elektrisch angetriebenen Bussen – egal ob sie von Mercedes oder den niederländischen Herstellern VDL und Ebusco, von Solaris in Polen oder BYD in China produziert werden – ist es nicht getan. Mit dem Kauf der Fahrzeuge beginnt für die Manager der Fuhrparks die Arbeit erst. Ladestationen für die Elektroautos sind zu installieren und die Einsätze der E-Busse unter Berücksichtigung der Reichweiten, Fahrgastströme und Fahrpläne, aber auch von Klimabedingungen und Geländeprofilen zu planen.

„Wie viel Strom braucht die Flotte, was kostet der Betrieb – und wie lange halten die Busse im Alltagsbetrieb“, wirft Simon Lonsdale, Chefstratege von ChargePoint einige der Fragen auf, mit denen sich die Manager der Verkehrsbetriebe nicht nur in Berlin, Hamburg oder Heilbronn intensiv beschäftigen. Lonsdale: „Viele Flottenmanager haben noch große Probleme mit der Umstellung auf den elektrischen Antrieb, weil ihnen schlichtweg Erfahrungswerte fehlen.“

Smarte Steuerung hilft Flottenbetreibern

Der international tätige Ladenetzanbieter aus dem kalifornischen Campbell, an dem Daimler seit vergangenem Jahr mit 82 Millionen Dollar beteiligt ist, will hier den Flottenbetreibern zur Seite springen. Nicht nur mit dem Aufbau einer Ladeinfrastruktur, sondern auch beim Management der Flotte sowie bei der Energieversorgung. ChargePoint hat dazu am Freitag für einen nicht näher bezifferten Preis das Software- und Beratungsunternehmen Kisensum aus dem kalifornischen Oakland übernommen.

Unter dem Slogan „Smart Software for a smarter Grid“ entwickelt das Unternehmen mit aktuell neun Mitarbeitern und 15 Kunden – darunter die Nahverkehrsbetriebe von Santa Clara – Plattformen, über die das Laden der Fahrzeuge und das Speichern von elektrischer Energie mit Hilfe Künstlicher Intelligenz gesteuert wird. „Eine intelligente Steuerung ist die Voraussetzung dafür, um große Flotten von Elektrofahrzeugen kostengünstig zu betreiben“, begründet ChargePoint-Vorstand Lonsdale im Gespräch mit EDISON die Akquisition. Mit Hilfe der Plattform werde nicht nur der Stromeinkauf gesteuert, sondern auch die Ladevorgänge der Fahrzeuge im Depot. Und nicht nur das: Das System nutzt Wetterprognosen dazu, um beispielsweise an kalten Tagen die Fahrzeuge vorzuwärmen, bevor sie das Depot verlassen.

Nach Einschätzung von Lonsdale wird die Elektromobilität in den nächsten fünf Jahren vor allem im gewerblichen Einsatz mächtig Fahrt aufnehmen. „Die öffentlichen Verkehrsbetriebe in USA und Europa werden die Vorreiter sein. Denn in diesem Umfeld stehen die wichtigsten Parameter fest: Fahrzeit, Fahrstrecke, Energiebedarf.“ Und die Ladevorgänge finden überwiegend über Nacht im Depot statt.

Im nächsten Schritt wird nach seiner Einschätzung die Elektrifizierung von Lieferfahrzeugen bei Logistikunternehmen Fahrt aufnehmen. „Je intensiver die Fahrzeuge in der Stadt genutzt werden, desto mehr rechnet sich der Elektroantrieb.“ In der „letzten große Welle“ würden dann Taxen elektrifiziert – und wenig später autonom fahren. „Wenn die Fahrer wegfallen, werden die Betriebskosten drastisch sinken.“ Der ChargePoint-Manager sieht eine neue Ära der Mobilität aufziehen – in die das Unternehmen weiter kräftig investieren werde. Seine Prognose: „Spätestens im Jahr 2040 werden 55 Prozent der Neuwagen und ein Drittel der gesamten Pkw-Flotte weltweit elektrisch angetrieben sein.“

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