Die Batterieforschung ist eines der wichtigsten Wissenschaftsfelder für die Elektromobilität. Viele unterschiedliche Zukunftslösungen von Feststoff- bis Glasbatterien schwirren immer wieder umher, wirklich umsetzbar sind bisher die wenigsten von ihnen. Deshalb dominieren noch immer die Lithium-Ionen-Akkus den Markt.

Bis neue Techniken wirtschaftlich und technisch machbar sind, tüfteln Forscher deshalb daran, Lithium-Ionen-Batterien sicherer und günstiger zu machen. Margret Wohlfahrt-Mehrens ist Leiterin des Fachgebiets Materialforschung, Elektroden und Zelltechnologie am Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg (ZSW) in Ulm. Im Interview erklärt sie, wie die Zukunft der Lithium-Ionen-Batterie aussehen könnte.

Margret Wohlfahrt-Mehrens
Margret Wohlfahrt-Mehrens

Edison: Frau Wohlfahrt-Mehrens, bei den Batterieherstellern scheint es derzeit einen großen Trend zu geben: Immer weniger Kobalt soll in den Lithium-Ionen-Akkus verbaut werden. Das soll unter anderem die Einkaufskosten des teuren Rohstoffs senken. Aber auf den Straßen werden Akkus mit einem niedrigen Kobaltanteil von zehn Prozent und weniger normalerweise noch nicht eingesetzt. Warum ist man da nicht schon weiter?
Wohlfahrt-Mehrens: Man setzt auf die gleiche Materialklasse mit derselben Grundstruktur, nur dass mehr Nickel an Stelle des Kobalts verwendet wird. Gleichzeitig wird damit die nutzbare Kapazität erhöht. Das hat Nachteile für die Langzeitstabilität der Batterien. Mit zunehmenden Nickelgehalt sinkt außerdem die thermische Stabilität der Materialien, was zu Sicherheitsproblemen und im schlimmsten Fall zu einem Durchgehen der Zelle, einem sogenannten Thermal Runaway führen kann.

Eine starke Überhitzung, bei der Batterien Feuer fangen oder explodieren können.
Genau. Weil Sicherheit an erster Stelle steht, muss das natürlich vermieden werden. Die Zellen müssen deshalb mit anderen Maßnahmen sicher gemacht werden. Im Moment ist der Einsatz noch auf kleinere Zellen limitiert. Sicherheitstests müssen ermitteln, inwiefern sich kobaltarme Materialien auch für große Zellen der E-Mobilität eignen werden.

Die Automobilkonzerne jedenfalls geben sich zuversichtlich. BMW beispielsweise will bereits 2021 Akkus mit einem Kobaltanteil von nur 10 Prozent einsetzen. Da das ja eine gute Lösung sein könnte: Warum schaut man sich überhaupt noch nach ganz anderen Technologien um?
Es gibt immer mehrere Stellschrauben. Ein wesentliches Kriterium sind die Kosten. Kobalt spielt dabei eine ziemlich große Rolle, weshalb auch an Technologien gearbeitet wird, die ganz ohne das Metall auskommen.

Ein weiterer Treiber der Entwicklung ist die Erhöhung der Energiedichte, was bei Fahrzeugen eine höhere elektrische Reichweite bedeutet. Neue kobaltfreie Materialien wie Hochvolt-Spinelle aus Lithium-Manganoxiden führen sowohl zu einer höheren Energiedichte als auch zu einer besseren Sicherheit. Ein Nachteil ist zurzeit noch die geringere Lebensdauer. Hier gibt es sehr aussichtsreiche Entwicklungen, sodass man mittelfristig komplett auf Kobalt verzichten kann.

Gibt es denn auch Technologien, mit denen sich alle Ziele recht gut ohne größere Abstriche an anderer Stelle erreichen lassen?
In naher Zukunft ist das die bereits angesprochene Verbesserung des Lithium-Ionen-Systems. Eine andere wäre die sogenannte All-Solid-State Battery, also Feststoffbatterien, bei denen die flüssigen Elektrolyte durch feste ersetzt werden.

Die heute eingesetzten flüssigen Elektrolyte sind alle brennbar. Mit einem Ionen leitenden Festkörper als Alternative könnte man eine höhere Energiedichte erreichen, gleichzeitig aber auch die Sicherheit erhöhen. Außerdem eröffnet die Feststoffbatterie neue Möglichkeiten für das Design der Batteriesysteme. Auf eine Kühlung könnte beispielsweise verzichtet werden.

All-Solid-State Batterien finden sich auch in den Präsentationen von Automobilkonzernen. BMW zufolge sei damit aber vor 2026 nicht zu rechnen. Worin liegt die Herausforderung?
Zum einen muss noch die optimale Materialkombination gefunden werden. Zum anderen ist die Prozessierbarkeit eine große Herausforderung. Sehr dünne keramische Schichten müssen großflächig fehlerfrei gefertigt werden. Dafür braucht es neue Produktionstechniken, um nicht nur einzelne Labormuster herzustellen, sondern auch Akkus im großen Maßstab. Die Entwicklung geeigneter Herstellprozesse und deren Hochskalierung in den Produktionsmaßstab kosten einfach noch viel Entwicklung und Zeit.

Wie viel?
Ich gehe von mindestens 15 bis 20 Jahren aus.

Lassen Sie uns einen Blick in die Glaskugel wagen. Was könnte langfristig sonst noch möglich sein?
Grundsätzlich möglich wären beispielsweise Lithiummetallbatterien, Alternativen zu Lithium wie Magnesium-, Calciumbatterien oder Metall-Luft-Systeme. Aber alle diese Systeme erfordern erst einmal noch Durchbrüche in der Materialforschung.

Wenn man die Herstellung von Batteriezellen anschaut, scheint Deutschland das Rennen vorerst verloren zu haben. Mit CATL kommt ein chinesischer Produzent sogar nach Erfurt, um deutsche Autokonzerne zu beliefern. Wie sieht es denn in der Forschung aus: Kann Deutschland da noch mithalten?
In der Forschung hat Deutschland in den letzten Jahren stark aufgeholt. Mit öffentlichen Förderprogrammen wurde eine internationale Spitzenstellung erreicht, was wir natürlich auch in Zukunft aufrechterhalten müssen. Im Moment ist es aber in der Tat so, dass die Zellproduktion aus Asien kommt. Das muss sich auf jeden Fall ändern, wenn wir nicht eine der Schlüsseltechnologien unserer Zeit verschlafen wollen – und zwar nicht nur mit Blick auf die Elektromobilität, sondern die Digitalisierung insgesamt. Hier müssen wir aufholen und zum Beispiel durch konzertierte Aktionen eine europäische Produktion aufbauen.

Vielen Dank für das Gespräch!

Artikel teilen

Kommentar absenden

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert