Dass die Kaufprämie für Elektroautos nicht die beste aller Ideen war, hat nun also auch Berlin gemerkt. Wer sich für ein Elektroauto interessiert, steht derzeit noch vor ganz anderen Herausforderungen als einem (halb-)staatlichen Zuschuss auf den einmaligen Anschaffungspreis. Wo lade ich mein Auto? Wie zuverlässig ist die Infrastruktur? Wie kann ich meinen Alltag elektrisch gestalten?

Gerade in Städten stehen solche Fragen der Kaufentscheidung für ein Elektroauto im Weg. Wer keine Garage mit einer sicheren Lademöglichkeit besitzt, geht mit einem E-Mobil ein Wagnis ein. Ist eine öffentliche Ladesäule in der Nähe der eigenen Wohnung? Ist sie von einem Verbrenner zugeparkt? Oder über Stunden von anderen Elektroautos belegt, wenn der eigene Akku nur noch wenige Prozent geladen ist? Oder ist sie über Wochen wegen eines Defekts außer Betrieb? Und wie viele Ladekarten brauche ich, um die Säulen verschiedener Anbieter in meiner Umgebung nutzen zu können?

Doch selbst wer einen festen Stellplatz für sein potenzielles E-Auto hat, kommt dort noch lange nicht an den notwendigen Ladestrom. Einfach vom Elektriker eine Wallbox installieren lassen, das ist in Mehrfamilienhäusern und größeren Wohnanlagen kaum möglich. Vermieter und andere Eigentümer müssen zustimmen – und das ist dank vielfacher Einspruchsmöglichkeiten mehr als unwahrscheinlich.

Jetzt will die Bundesregierung – endlich – gegensteuern und den Ausbau privater Infrastruktur per Gesetz erleichtern. Wie die „Süddeutsche Zeitung“ berichtet, hat das Bundesjustizministerium ein Diskussionspapier erarbeitet, das Änderungen im Miet- und Wohneigentumsrecht vorsieht, um den Absatz von Elektroautos zu fördern. Kern des Papiers, das jetzt mit den Ländern und Ministerien besprochen werden soll: Mieter sollen vom Vermieter die „Erlaubnis zum Errichten von Lademöglichkeiten“ verlangen können. Und Vermieter sollen notfalls auch gegen den Willen anderer Eigentümer Ladestationen errichten können.

Die Förderung muss richtig durchdacht werden

Die Erkenntnis, dass Ladestationen auf Privatgrundstücken mindestens genauso wichtig sind wie der Kaufpreis des Autos, kommt spät. Aber immerhin kommt sie. Bedarfsprognosen zeigten, „dass die große Mehrheit der Ladevorgänge auf Privatgrundstücken stattfinden wird“, zitiert die SZ aus dem Papier. Der Fakt, dass die meisten Nutzer eines Stellplatzes nicht Eigentümer, sondern nur Mieter sind, soll den Ausbau privater Ladestationen künftig also nicht mehr bremsen.

Dass eine solche Gesetzesnovelle jetzt diskutiert wird, ist überfällig. Aber wichtig ist auch, dass sie gründlich diskutiert wird, damit der Vorstoß nicht zu einer weiteren fehlgeleiteten und in der Praxis kaum wirksamen Förderungen verkommt. Mit der Kaufprämie und der an eine bestimmte Ladetechnologie gebundenen Schnelllade-Initiative SLAM gab es in der Elektromobilität schon genügend Fehlgriffe.

Die Gefahr ist da: Der Entwurf bürdet den E-Autofahrern finanzielle Risiken auf. Zudem sind praktische Fragen nicht geklärt. Ein Beispiel: Wenn ein zentrales Lastmanagement die Ladeleistung der installierten Wallboxen gezielt reduzieren oder die Ladevorgänge über die Nacht verteilen soll, um Lastspitzen und Überlastungen zu vermeiden, müssen die Wallboxen kompatibel sein. Das kann die Eigentümergemeinschaft derzeit aber nicht vorschreiben, weil der Entwurf keine expliziten Möglichkeiten vorsieht, Auflagen zu machen.

Diese und weiteren Fragen müssen geklärt werden. Sonst könnten sich wegen der drohenden Unwägbarkeiten Eigentümer doch wieder gegen die Elektrifizierung der Stellplätze entscheiden. Und die Förderung würde zum nächsten Fehlgriff verkommen.

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