„Tragödie bei E-Scooter-Ausflug“. „Taxi rammt Rollerfahrerin“. „Weiter Ärger über E-Scooter“: Geradezu genüsslich scheinen einige Tageszeitungen derzeit die Polizeiberichte nach Vorkommnissen mit den neuen elektrischen Tretrollern zu durchsuchen. Unfälle mit Autos und Fahrrädern interessieren nicht mehr. Statt dessen machen die kleinen Roller Schlagzeilen. Schönes Aufreger-Thema.

Monatelang hatten Bundesverkehrsministerium, Städtetag und Interessenverbände über die Zulassungsbedingungen gestritten. Seit Mitte Juni sind die Elektroroller endlich zugelassen und zählen in vielen deutschen Großstädten inzwischen zum Stadtbild. Gewiss werden sie nicht immer regelkonform und verantwortungsvoll genutzt. Doch wo immer sie auftauchen: Der Spaß an der neuen Form der Mobilität ist den Nutzern – Menschen jeden Alters, mit Jeans und Rock, im Geschäftsanzug oder schicken Kostüme – deutlich anzusehen. E-Roller zu fahren, leise surrend und fast ohne jede Kraftanstrengung durch die Stadt zu rollen, macht offensichtlich Spaß.

„Keep it simple and fun“

Ob die neuen Gefährte dazu beitragen, die Staus in den Städten zu verringern und die Umweltbelastungen durch den privaten Autoverkehr zu reduzieren, steht auf einem anderen Blatt. Eine vergleichende Studie über die Auswirkungen der so genannten Micromobilität in Berlin (Deutschland) und San Diego (Kalifornien) kommt zu eher ernüchternden Ergebnissen: Statt auf das eigene Auto verzichten die Menschen für den Kurzstreckenverkehr eher auf die Nutzung eines Taxis. Und einige, so das Ergebnis der gewiss nicht repräsentativen Befragung von jeweils 50 Bewohnern beider Städte durch die Unternehmensberatung Evenson, lassen das eigene Fahrrad stehen und schwingen sich statt dessen auf einen Leihroller. Zumindest in Berlin werden aber Bus und Bahn weiterhin fleißig genutzt. Und auf die eigenen Füßen verlassen sich die Hauptstädter auch weiterhin.

Der Effekt der E-Scooter auf die Unfallstatistik scheint nach Stand heute größer zu sein als auf die Verkehrswende in den Großstädten. Aber wenn die Menschen Spaß an der Nutzung der Roller haben, wäre zumindest ein Anfang gemacht. „Der Mensch liebt Angebote, die problemlos zu erreichen, einfach zu nutzen sind und Komfort bieten. Kommt dann noch Spaß hinzu, fällt eine Verhaltensänderung leicht“, zitiert Studienleiter Dirk Evenson Erkenntnisse aus der Verhaltenspsychologie. Sein Rat an die Anbieter neuer Mobilitätslösungen lautet daher: „Keep it simple and fun“. Das gilt für die Anbieter von e-Scootern ebenso wie für die Anbieter von Sharing-Systemen für Fahrräder und E-Bikes.

Wie die Verkehrswende gelingt

Beim EDISON-Talk am 3. September auf der Fahrrad-Messe Eurobike in Friedrichshafen gibt es also einiges zu bereden. Mit dem Verkehrsforscher Stephan Rammler („Volk ohne Wagen“), den Micromobilitäts-Experten Carsten Camrath (Volkswagen), mit dem Fahrrad-Lobbyisten Burkhard Stork (ADFC) – und mit dem baden-württembergischen Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne). Thema der Diskussionsrunde im ZF-Forum: „Platz für den Radverkehr – wie die Verkehrswende gelingt.“

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